
Die Herausforderungen des postinfektiösen Müdigkeitssyndroms sind groß, insbesondere bei Patientinnen und Patienten, die nach einer Corona-Infektion nicht vollständig genesen. In Österreich leiden schätzungsweise zwischen 25.000 und 80.000 Menschen an Symptomen, die mit der sogenannten Myalgischen Enzephalitis (ME/CFS) in Verbindung stehen. Dieses Syndrom äußert sich in extremen Erschöpfungszuständen, die die Alltagsbewältigung erheblich beeinträchtigen können. Die Universitätsklinik für Innere Medizin II in Innsbruck hat es sich zur Aufgabe gemacht, Lösungen zu finden.
Um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern, wird ein neues Forschungsprojekt initiiert, das durch das Land Tirol und die Stiftung WE & ME finanziert wird. Das Land Tirol stellt dafür insgesamt 100.000 Euro für die Jahre 2024 und 2025 zur Verfügung, während die WE & ME Stiftung zusätzlich 70.000 Euro bereitstellt. Diese Summe wird verwendet, um innovative Diagnose- und Therapieansätze zu entwickeln, die auf den einzigartigen Bedürfnissen von ME/CFS-Patienten basieren.
Forschungsziele und biochemische Ansätze
Eine zentrale Frage, die in dieser Forschungsarbeit beantwortet werden soll, betrifft die biochemischen Veränderungen, die Patienten während und nach einer COVID-Infektion erleben. Dabei spielen Aminosäuren wie Tryptophan und Phenylalanin eine entscheidende Rolle, da sie Vorläufer für Nervensignalmoleküle sind, die die Stimmung, den Schlaf und den Appetit beeinflussen. Ein Mangel an diesen Stoffen kann zu einer Vielzahl von körperlichen und psychischen Beschwerden führen. In den durchgeführten Pilotstudien zeigten mehr als die Hälfte der untersuchten Patientinnen und Patienten nach einem Jahr seit der Covid-Infektion signifikante Stoffwechselveränderungen.
Im Rahmen des Projekts in Innsbruck sollen umfassende Untersuchungen, die sogenannte „Metabolom-Untersuchungen“ umfassen, die zugrundeliegenden Ursachen für die Symptome erkennen. Hierbei wird auch die Rolle der Darmflora sowie die Funktion der Mitochondrien – den Energiekraftwerken der Zellen – genauer unter die Lupe genommen. Die langfristigen Ziele dieser Forschung sind die Entwicklung spezifischer Therapieansätze zur Verbesserung der Gesundheit und Lebensqualität von Long Covid-Gefährdeten.
Das Ziel des Forschungsprojekts unter der Leitung von Universitätsprofessor Günter Weiss und der Projektleiterin Katharina Kurz ist klar: Die Erhöhung der Diagnose- und Therapiechancen von Betroffenen. „Wir hoffen, durch innovative Verfahren das Wohlbefinden und die Lebensqualität der Patient:innen zu steigern“ sagt Kurz. „Insbesondere die oft sehr jungen Menschen, die mit den Folgen von Long Covid kämpfen, verdienen eine Chance auf Rückkehr zu einem normalen, aktiven Leben.“
Die Unterstützung durch die WE & ME Stiftung ist hierbei ebenso bedeutend. Gaby und Gerhard Ströck, die Gründer der Stiftung, betonen die Notwendigkeit einer verbesserten medizinischen Versorgung und -ausbildung für ME/CFS-Erkrankte. Sie sind überzeugt von der Bedeutung von Forschungsprojekten, die neue Therapieansätze liefern können, um die Lebensqualität der Betroffenen erheblich zu steigern.
Insgesamt stehen die Akteure vor der Herausforderung, durch intensive Forschung, qualifizierte Aus- und Weiterbildung sowie soziale Absicherung den komplexen Bedürfnissen der Betroffenen gerecht zu werden. Mit den Investitionen in diese Forschung wird nicht nur ein wertvoller Beitrag zur Verbesserung der Gesundheit der Tirolerinnen und Tiroler geleistet, sondern auch die Grundlagen für zukunftsweisende Therapien geschaffen.
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