Ein Plusenergiehaus ist mehr als nur ein Wohntraum – es steht für eine nachhaltige Zukunft. Solche Gebäude erzeugen über das Jahr mehr Energie, als sie verbrauchen, und können damit sowohl für Hausbesitzer als auch für die Umwelt von Vorteil sein. Doch was genau verbirgt sich hinter diesem Begriff und warum sind Plusenergiehäuser so bedeutsam?
Der Begriff Plusenergiehaus kann verwirrend sein, da er oft im Kontext mit ähnlichen Konzepten wie Passiv- und Nullenergiehäusern genannt wird. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass während Passivhäuser minimalen Energieverbrauch haben und Nullenergiehäuser keinen Energiebedarf generieren, Plusenergiehäuser aktiv Energie erzeugen. Markus Leeb, ein Forscher am Department Green Engineering and Circular Design der Fachhochschule Salzburg, beschäftigt sich intensiv mit der Thematik. Er erklärt, dass es bis heute keine offizielle Definition für Plusenergiehäuser gibt, doch das zugrunde liegende Konzept ist klar: Die Gebäude müssen so optimiert werden, dass sie über das Jahr mehr Energie produzieren als sie verbrauchen.
Die Anfänge der Plusenergiehäuser
Die Entwicklung der Plusenergiehäuser in Österreich begann vor etwa zehn Jahren. Die Technische Universität Wien war Pionier in diesem Bereich, indem sie ein Bürohochhaus von 1970 in ein Institut für Technische Chemie umbaute. Dieses Gebäude gilt als globales Vorbild, da es mehr Energie erzeugte als es benötigte. Markus Leeb war damals als junger Absolvent der TU Wien in das Projekt eingebunden. Nun ist er als Lehrender und Forscher an der Fachhochschule Salzburg tätig und erklärt, dass das Plusenergiehaus nicht nur effizient, sondern auch ein Schritt hin zu klimaneutralen Gebäuden innerhalb der EU bis 2050 ist.
Ein Plusenergiehaus benötigt eine perfekt gedämmte Gebäudehülle sowie ein abgestimmtes Haustechniksystem, das Heizen, Kühlen und Lüften integriert. Auch die Fensterflächen spielen eine entscheidende Rolle: Sie müssen so gestaltet werden, dass ausreichend Tageslicht eingelassen wird, ohne jedoch übermäßige Kühlung zu benötigen. „Die Technologien sind bereits vorhanden, wir müssen sie nur umsetzen“, sagt Leeb.
Herausforderungen und Zukunftsperspektiven
Ein großes Hindernis auf dem Weg zu mehr Plusenergiehäusern sind die Baukosten, die seit dem Jahr 2000 um über 35 Prozent gestiegen sind. Leeb betont, dass die Planung solcher Gebäude oft noch zu stark auf die Anschaffungskosten fokussiert ist, anstatt die gesamten Lebenszykluskosten in Betracht zu ziehen. Dennoch betont er, dass die Zusatzkosten für ein Nullenergie- oder Plusenergiehaus nicht exorbitant hoch sind – er schätzt, dass sie nur etwa 8,5 Prozent der üblichen Baukosten betragen.
Zudem wird oft fälschlicherweise angenommen, dass Plusenergiehäuser autark sind. In der Winterzeit kann die Energieerzeugung durch Photovoltaikanlagen oft den Bedarf nicht decken, weshalb zusätzliche Energie aus dem Netz bezogen werden muss. Das Hauptziel bleibt es, im Sommer so viel Energie zu erzeugen, dass der Verbrauch im Winter gedeckt werden kann. Markus Leeb weist darauf hin, dass grosse Photovoltaikanlagen und saisonale Energiespeicher notwendig sind, um eine höhere Autarkie zu erreichen.
Ein weiterer Aspekt, den Leeb hervorhebt, ist die Notwendigkeit, die CO₂-Emissionen während der Bau- und Betriebsphase so niedrig wie möglich zu halten. „Wir müssen ganzheitlich denken“, erklärt Leeb. „Es reicht nicht, den Ausstoß während des Betriebs zu betrachten – wir müssen versuchen, ihn von Beginn an zu minimieren.“ Für eine realistische Betrachtung der CO₂-Bilanzen ist es notwendig, den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes zu berücksichtigen.
Ein Beispiel für zukunftsweisende Ansätze ist das Bürohaus 2226 der Baumschlager Eberle Architekten in Lustenau. Dieses Projekt kommt ohne Heizung, Lüftung oder Kühlung aus und nutzt stattdessen die Wärmeabstrahlung von Personen und Maschinen zur Beheizung. Hierbei wird Hightech-Planung so umgesetzt, dass im Ergebnis eine lowtech-Ausführung ermöglicht wird. Dies zeigt, dass innovative Ansätze auch bei der Energieeffizienz von Gebäuden entscheidend sind.
Die größte Herausforderung für bestehende Wohngebäude besteht darin, diese auf den neuen Standard umzurüsten. Es ist möglich, auch ältere Bestandsgebäude in Plusenergiehäuser umzuwandeln – wenn die CO₂-Emissionen während der Bauweise einbezogen werden und auf bereits versiegelten Flächen mehr Wohnraum geschaffen wird. Ein Beispiel hierfür ist ein ausgezeichnetes Nachverdichtungsprojekt in Salzburg-Aigen, wo durch die Umwandlung eine CO₂-neutrale Sanierung erreicht werden konnte.
Zusätzlich zur Energieeffizienz sollten städtische Hitzeinseln mit Hilfe innovativer Technologien wie Drohnentechnologie zur Temperaturmessung analysiert werden. In der steirischen Stadt Weiz wurden Drohnen genutzt, um spezifische Wärme-Hotspots zu identifizieren. Diese Daten helfen dabei, das Verständnis über urbane Hitzephänomene zu vertiefen und maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln.