Der steirische herbst steht in den Startlöchern und wird ab dem 19. September mit einem aufregenden Programm für kunstbegeisterte Besucher geöffnet. Dieses Festival, das über dreieinhalb Wochen hinweg Kunst, Diskussionen und Begegnungen auf die Bühne bringt, hat sich als eines der bedeutendsten kulturellen Ereignisse in der Region etabliert. Die Eröffnung wurde am Dienstag mit einer Präsentation des Programms angekündigt, das ein Spannungsfeld zwischen Kreativität und gesellschaftlicher Reflexion eröffnet.
Im Mittelpunkt der Eröffnungsfeier steht eine faszinierende Ausstellung in der Neuen Galerie, die unter dem Titel „horror patriae“ firmiert. Dieser Begriff kombiniert die Liebe zum Heimatland – „amor patriae“ – mit der Angst vor der Leere – „horror vacui“. Hierbei befassen sich die Exponate mit grundlegenden Fragen zur Definition von Heimat, deren Entstehung und Bedeutung. Die Gruppenausstellung vereint Werke aus verschiedenen Sammlungen des Museums mit zeitgenössischen Kunstwerken, sodass ein lebendiger Dialog zwischen Tradition und Innovation entsteht.
Künstlerische Auseinandersetzung mit Heimat
Die Diskussion über Heimat wird in der Ausstellung durch zahlreiche neue Arbeiten visuell angereichert. So wird unter anderem Pablo Bronstein seine Perspektiven auf die Blütezeit des Historismus in Graz präsentieren, während Thomas Hörl mit einer Ahnengalerie aus Perchten Bezüge zur alpenländischen Volkskultur schafft. Helene Thümmel verteilt national gefärbte Wörter über eine Europakarte, was den Betrachter zum Nachdenken anregt.
Ein weiterer interessanter Bestandteil des Festivals ist das lebendige Prologwerk von Yoshinori Niwa, der im Vorfeld ein Wahlplakat im Stadtbild installiert. Im Laufe des Festivals wird dieses Plakat schrittweise abgerubbelt, als Symbol für die oft vergänglichen Wahlversprechen der Politik. Von 14. bis 29. September wird dieses fragile Kunstwerk immer blasser, bis schließlich nur noch wenig erkennbar ist.
Die Eröffnungsveranstaltung selbst wird mit Natalia Pschenitschnikovas musikalischer Performance „A.E.I.O.U.“ eröffnet, die in spielerischer Weise mit dem Habsburger-Motto spielt. Den Abschluss des ersten Abends bildet die Darbietung „The Phantom of the Operetta“ des Kollektivs La Fleur. Diese Performance untersucht das Leben des berühmten Komponisten Emmerich Kalman und hinterfragt die europäischen Seh- und Hörgewohnheiten in der Welt der Operette.
Interaktive Erlebnisse und Höhepunkte
Ein weiteres Highlight des Festivals ist „The Nation of Sleep“ von Ari Benjamin Meyers, das in einer Tennishalle stattfindet. Hier können einige Teilnehmer auf 50 Betten liegen und sich von Kindern in den Schlaf singen lassen, wobei der Text vom britischen Autor Tom McCarthy stammt. Dieses ungewöhnliche Konzept der Rollenumkehr eröffnet eine neue Dimension des Erlebens. Darüber hinaus wird Gerald Straub mit „Corridos Estiria“ an verschiedenen Standorten inklusive eines Standes in der Nähe eines Kreisverkehrs aktiv sein. Diese Form des Liedes trifft auf mexikanische Wurzeln und erzählt von Heldentaten und Banditen, um auch die örtlichen Bürger mit einzubeziehen.
Das musikprotokoll, das sich als Fixpunkt im Festival etabliert hat, wird vom 3. bis 6. Oktober stattfinden und verspricht ein spannendes Programm. Auch das Literaturfestival „Out of Joint“ trägt wieder zur Vielfalt bei und hat das Motto „Die Welt von gestern/Die Welt von morgen“. Eine interessante Partnerschaft besteht mit Theater im Bahnhof, Camera Austria, Grazer Kunstverein, Haus der Architektur, Kunsthaus und Schaumbad, die verschiedene Programme innerhalb des Festivals gestalten.