In der Steiermark brodelt die politische Stimmung, während die Parteien sich auf die bevorstehenden Landtagswahlen vorbereiten. Während in der „grünen Mark“ bei Veranstaltungen und auf Märkten geschäftig mit den Bürgern interagiert wird, bleiben in Wien die Sondierungsverhandlungen zwischen ÖVP und SPÖ am Laufen. Rund sechs Wochen nach der Nationalratswahl ist die Frage der Koalition im Bund weiterhin ungeklärt, was die politischen Akteure in der Steiermark unter Druck setzt.
Walter Hämmerle, ein Politikanalyst von der „Kleinen Zeitung“, gibt einen eindringlichen Ausblick: Die FPÖ könnte von der Ungewissheit, die über den Verhandlungen schwebt, profitieren. „Je länger das Durcheinander in Wien andauert, desto weniger Sympathie wird es für die ÖVP und die SPÖ in der Steiermark bringen“, erklärt er und verweist auf die bisherigen Wahlergebnisse, die der FPÖ zugutekamen.
Blaue Welle oder schwarz-rote Hoffnung?
Eingeleitet wurde das politische Spektakel im Vorfeld der Wahlen von der FPÖ, die mit einem positiven Trend stößt. Bei der Landtagswahl in Tirol 2022 konnte die Partei Zuwächse von 3,3 Prozent verzeichnen und auch die Wahlen in Vorarlberg brachten der FPÖ erhebliche Erfolge. Laut Hämmerle zeigt sich ein gewisser Gewöhnungseffekt, der die Freiheitlichen in der Steiermark begünstigen könnte. ÖVP-Kandidat Drexler und SPÖ-Spitzenkandidat Lang zeigen sich zwar kämpferisch, wissen jedoch um die Herausforderungen ihrer Parteivorsitzenden auf Bundesebene.
Drexler, der seit seinem Amtsantritt im Juli 2022 an der Spitze der ÖVP steht, äußerte sich optimistisch: „Ich bin es gewohnt, keinen Rückenwind aus dem Bund zu haben. Schön wäre es, wenn es zumindest Windstille geben würde.“ Er strebt eine Fortsetzung der Koalition mit der SPÖ an, während Lang seinerseits die Unterstützung der Wähler gewinnen möchte, ohne sich von den bundespolitischen Streitereien beeinflussen zu lassen. „Die Leute unterscheiden: Das ist Bundespolitik und das ist die steirische Politik“, erklärt Lang.
Bundespolitische Anleihen und ihre Auswirkungen
Die Kluft zwischen der Landtagswahl und der Bundespolitik könnte sich als vorteilhaft für den FPÖ-Spitzenkandidaten Kunasek erweisen. Bei einem Wahlkampfauftritt in Leibnitz war es nicht weniger als Herbert Kickl, der ihn als „Volkslandeshauptmann“ bezeichnete und damit die landespolitischen Ambitionen der FPÖ unterstrich. Dabei holte Kickl die Bundesebene in den Wahlkampf: „Ich bin der Anwalt von 1,4 Millionen freiheitlichen Wählern“, kündigte er an.
Im Gegensatz dazu setzten Drexler und Lang auf lokale Bekanntheiten zur Unterstützung ihrer Wahlkampagnen. Sie respektieren die Vorlieben der Wähler und versuchen, den lokalen Bezug zu betonen. Vor dem Hintergrund der Unentschlossenheit in Wien könnte die Folge sein, dass der Wahlsieger eventuell ohne verlässlichen Partner dasteht, was in der Steiermark durchaus an Bedeutung gewinnen könnte.
Hämmerle warnt jedoch vor voreiligen Schlüssen und betont, dass in der Steiermark seit Jahren ein Mangel an klaren Herausforderer-Szenarien herrscht. „Das Rennen scheint doch knapp zu sein“, sagt er. Die wechselnden Wahlsieger könnten darauf hindeuten, dass auch die FPÖ, die zuletzt starke Stimmengewinne verzeichnen konnte, wieder ins Hintertreffen geraten könnte, falls sich die Voraussetzungen ändern.
Wie die Wahlen im beschaulichen, aber politisch aufgeladenen Klima der Steiermark enden werden, bleibt spannend. Trotz der bundespolitischen Einflüsse scheint es, als würden die Wähler in der Steiermark den Kandidaten von ÖVP, SPÖ und FPÖ vor allem auf ihr Verständnis für lokale Anliegen bewerten. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob die Freiheitlichen die Chance nutzen können, in einem traditionell schwarzen Bundesland an Einfluss zu gewinnen.
Zusammen mit dem anhaltenden politischen Seilziehen in der Bundeshauptstadt wird dieser Wahlkampf nicht nur für die Steiermark, sondern auch für die bundespolitische Landschaft von Bedeutung sein. Sollte die FPÖ die Wahlen gewinnen, könnte dies einen weiteren Trend zu ihren Gunsten festigen, was für die etablierten Parteien in Wien unangenehm werden könnte. Die Wahl in der Steiermark könnte schließlich an der bundespolitischen Moral rütteln und neue Koalitionsvorstellungen hervorrufen. Die nächsten Schritte werden sorgsam abgewogen werden müssen, um nicht in der Volksmeinung zu verlieren, die in den letzten Monaten immer unberechenbarer geworden ist.