In einem unerwarteten Schritt haben die Verhandlungen über die Fusion der Gemeinden Söchau und Fürstenfeld an Geschwindigkeit gewonnen. 2018, als Söchau noch stolz sein 800-jähriges Bestehen feierte, scheint nun das politische Klima dramatisch gewandelt zu sein. Inmitten der Schulferien haben lokale Politiker offenbar eine Offensive gestartet, um die politische und wirtschaftliche Eigenständigkeit Söchaus durch eine Fusion mit Fürstenfeld zu beenden.
Die kürzlich einberufene Bürgerversammlung, die als Plattform für Dialog und Information gedacht war, hinterließ vor allem ein Gefühl der Verwirrung. Bürgermeister Franz Jost von Fürstenfeld äußerte allgemeine positive Versprechen für die kommenden fünf Jahre, obwohl die Realitäten solcher Versprechungen, die nicht von der Gemeindeverwaltung getragen werden, in der Luft hängen bleiben. Der Gemeinderat ist es, der Entscheidungen über das jährliche Budget trifft, und nicht eine Person allein.
Mangelnde Transparenz und Informationsprobleme
Ein entscheidender Punkt der Kritik ist die mangelnde Transparenz in den Entscheidungsprozessen. Es scheint, als ob nicht einmal grundlegende Analysen des aktuellen Status oder mögliche Alternativen zur Fusion existieren. Die Bürger erhalten keine schriftlichen Informationen über die Verhandlungen oder die Hintergründe dieser drastischen Maßnahmen. Stattdessen wurden allzu oft Vertreter der Fusion eingeladen, die die Bedenken der Anwohner mit positivem Framing überdecken sollten.
Ein weiterer diskussionswürdiger Aspekt ist das Bestreben von Fürstenfeld, durch die Fusion die magische Einwohnerzahl von 10.000 zu erreichen, um in den Genuss zusätzlicher finanzieller Mittel aus dem Finanzausgleich zu kommen. Diese Motivation wirft Fragen auf: Ist die Fusion wirklich die einzige Lösung für die Herausforderungen, vor denen die Gemeinde steht? Wo bleibt die versprochene Bürgerbefragung? Die Bürger sind besorgt und wünschen sich mehr Informationen, bevor solch weitreichende Entscheidungen getroffen werden.
Die Fusion wird auch Auswirkungen auf den direkten Kontakt zu den lokalen Behörden haben. Anstatt persönliche Anliegen bei der Gemeindeverwaltung Söchau zu klären, müssten die Bürger nach Fürstenfeld reisen. Die „Servicestelle“, die nur für wenige Belange zuständig ist, könnte schon bald der Vergangenheit angehören. Kritiker warnen, dass die bestehenden Einrichtungen, wie das Schwimmbad, ebenfalls gefährdet sind, insbesondere wenn kostspielige Sanierungen anstehen.
Eine Frage der politischen Verantwortung
Ein zentrales Thema in dieser Debatte ist die politische Verantwortung des Söchauer Bürgermeisters Josef Kapper. Im Laufe der Jahre hat er mit einem Gemeinderat, der hinter verschlossenen Türen agierte, zahlreiche Schulden angehäuft. Eigentlich hätte Kapper die Bevölkerung proaktiv über die realen Herausforderungen und mögliche Lösungsansätze informieren müssen. Stattdessen wurde die „heile Welt in Söchau“ durch eine reiche Bildsprache in den Amtsnachrichten propagiert, während die tatsächlichen Probleme der Gemeinde kaum zur Sprache kamen.
Die Situation hat dazu geführt, dass echte Demokratie und Bürgerbeteiligung in Söchau stark beeinträchtigt wurden. Es entsteht der Eindruck, dass die vorgeschlagene Fusion nicht nur eine wirtschaftliche Lösung darstellt, sondern auch eine Möglichkeit, politische Verantwortung abzuwälzen. Immanuel Kant stellte bereits fest, dass es sehr bequem ist, in einem Zustand der Unmündigkeit zu verharren. Damit wird ein Dilemma aufgedeckt: Möchten die Bürger wirklich den Verlust ihrer Eigenständigkeit hinnehmen, oder ist es an der Zeit, aktiv an der Gestaltung ihrer gemeinsamen Zukunft mitzuwirken?
Während die Gespräche über die Fusion weitergehen, bleibt abzuwarten, wie die Anliegen und Bedenken der Bürger in den Entscheidungsprozess integriert werden können. Die Frage bleibt, ob die vereinbarten Versprechungen und die bereitgestellten Informationen ausreichen, um die Herzen und Köpfe der Söchauer für eine Fusion zu gewinnen. Die politische Entwicklung wird genau beobachtet und könnte entscheidenden Einfluss auf die künftige Identität und den Wohlstand der Gemeinden haben.