Franz Knittelfelder aus Ottendorf feiert einen bemerkenswerten Lebensabschnitt: seinen hundertsten Geburtstag. Am 2. September wurde der gebürtige Markt Hartmannsdorfer, der sich noch immer voller Neugier dem Leben widmet, geehrt. Er hat eine Zeitspanne durchlebt, die von enormen Entwicklungen und großen Herausforderungen geprägt war.
Wie viele seiner Generation begann Franz Knittelfelder das Schreiben mit einer Wachstafel und einem Griffel. Diese einfachen Werkzeuge sind ein Symbol für seine Anfänge, die weit entfernt sind von dem technologischen Zeitalter, in dem er heute lebt. Zum 99. Geburtstag sehnte er sich nach einem Smartphone, um ständig informiert zu sein. „Ich will ja alles wissen“, erklärte er. Mit diesen Worten zeigt sich seine unstillbare Neugier, die ihn bis heute antreibt. Derzeit liest er Bücher über Astrophysik und kritische Kirchengeschichte, was seine Wissbegierde unterstreicht.
Ein Leben voller Herausforderungen
Die Erlebnisse von Franz während des Zweiten Weltkriegs sind tief in seiner Erinnerung verankert. Nur zwei Wochen nach seinem 18. Geburtstag wurde er in die Wehrmacht eingezogen und erlebte als Soldat die grausamen Schlachten in Stalingrad 1942. „Wir hatten minus 30 Grad in der Nacht. Wochenlang“, berichtet er mit fester Stimme. Das Bild, das er zeichnet, ist bedrückend und wirft einen Schatten auf seine Jugend. Nach dem Krieg verbrachte er drei Jahre in russischer Kriegsgefangenschaft, wo er unter unmenschlichen Bedingungen lebte: „Wir bekamen einen Dreiviertelliter Suppe und ein Stück Brot am Tag. Einmal im Monat wurden wir geduscht.“ Diese Erlebnisse haben ihn geprägt und sind Teil seiner Lebensgeschichte.
Als er nach seiner Rückkehr nach Österreich nach Ottendorf „abgeschoben“ wurde, war dies der Beginn eines neuen Lebensabschnitts ohne familiäre Unterstützung. Mit dem Geld seiner Frau, die in der Gastronomie erfolgreich war und 30.000 Schilling erlangte, eröffnete er ein Geschäft, welches er bis zu seinem 78. Lebensjahr führte. „Die Liebe war zu groß“, fasst er seine Ehe mit seiner Frau zusammen, die trotz des Widerstands der Familie ein Leben voller Herausforderungen und Höhen und Tiefen an seiner Seite führte.
Familiäre Bindungen und ein starkes Herz
Die Liebe zur Familie zeigt sich auch in Franz‘ Beziehung zu seinen vier Töchtern, die zwischen 1955 und 1968 geboren wurden. Besonders die zweitgeborene Tochter Sylvia, liebevoll „Puppi“ genannt, stellte den Vater vor große Herausforderungen. Mit einer Rhesusunverträglichkeit geboren, blieb sie in ihrer Entwicklung eingeschränkt. Franz kümmerte sich bis zum Tod seiner Frau 2008 allein um sie, unterstützt von mobilen Diensten. Diese Hingabe verdeutlicht seine Stärke und die enge Bindung innerhalb der Familie.
Am Tag vor seinem großen Geburtstag wurde Franz Knittelfelder in Ilz mit einem Segensgottesdienst gefeiert. Seine Lebensphilosophie ist geprägt von einer tiefen Dankbarkeit und einer gelassenen Sicht auf das, was das Leben bringt. In einem Gedicht, das er bei dem Anlass zitierte, bringt er seine Lebensfreude zum Ausdruck:
„Ich lebe, ich weiß nicht wie lang.
Ich sterbe, weiß nicht wann.
Ich fahre, weiß nicht wohin.
Mich wundert, dass ich so fröhlich bin.“
Franz Knittelfelder ist ein Beispiel für den unermüdlichen menschlichen Geist und die Kraft der Neugier, die über Generationen hinweg bestehen bleibt. Sein Leben ist eine Geschichte des Überlebens, der Liebe und des Wissens, was er mit seinen 100 Jahren in einer bewegten Welt erreicht hat.