Die politische Landschaft in Graz steht aktuell im Zeichen intensiver Auseinandersetzungen zwischen der Wirtschaftskammer und der Stadtregierung. Der Unternehmer und KPÖ-Bezirksrat Andreas Zettler kritisierte scharf die jüngsten politischen Aktivitäten der Wirtschaftskammer, die offenbar parteipolitische Interessen in den Wahlkampf einbringt. Er stellte unmissverständlich klar: „In meinem Namen bringt die WKO sowas nicht in Umlauf.“ Dies geschah im Zusammenhang mit einem Vorstoß der Wirtschaftskammer, der unter dem Vorwand einer Vertretung der rund 20.949 Unternehmer:innen der Stadt agiert.
Die Kritik von Zettler bezieht sich insbesondere auf die Tatsache, dass die Wirtschaftskammer ein kapitalismuskritisches Zitat aus der Umweltbewegung, bekannt als die „Weissagung der Cree“, ummünzt, um ihre Botschaften zu verbreiten. Zettler beobachtet, dass unter der vorherigen Bürgermeisterregierung Nagl nicht die Bedürfnisse der Bürger, sondern die von Investoren und großen Unternehmen im Vordergrund standen. Dies hat sich mit der neuen Stadtregierung geändert, die nun einen differenzierteren Blick auf die Belange der kleinen und mittleren Unternehmen werfen möchte.
Polemik und Parteipolitik
Zettler bezeichnet die Vorgehensweise der Wirtschaftskammer als Teil einer „Stichelei“ der ÖVP, die anscheinend die Wahlniederlage des Bürgermeisters noch nicht verdaut hat und weiterhin versucht, ihre Klientel zu bedienen. „Als Wirtschaftstreibender würde ich mir mehr Einsatz für Klein- und Kleinstunternehmen wünschen“, betonte er weiter. Die Rolle der Wirtschaftskammer, die als gesetzliche Interessensvertretung fungiert, sollte nicht als Plattform für parteipolitische Aktivitäten missbraucht werden.
Diese Diskussion nimmt zusätzlichen Schwung durch ein geplantes Event der KPÖ, das sich mit der Frage der demokratischen Organisation von Arbeit und Wirtschaft widmet. Ein hochkarätig besetztes Panel wird heute Abend im KPÖ-Bildungszentrum, Lagergasse 98a, zu Wort kommen. Zu den Referent:innen zählen Barbara Prainsack, Professorin für Politikfeldanalyse, und Hendrik Wagenaar, Senior Academic Advisor am King’s College London. Die Veranstaltung verspricht eine tiefere Auseinandersetzung mit der Thematik, inwieweit wirtschaftliche Entscheidungen demokratisch beeinflusst werden können.
„Wahlmüdigkeit und politische Resignation haben vielfach damit zu tun, dass die Wirtschaft aus demokratischen Entscheidungsprozessen ausgeklammert ist. Die Mehrheit der Menschen hat keinerlei Einfluss auf ökonomische Entwicklungen“, lautet der zentrale Tenor der Einladung zu dieser Podiumsdiskussion.
Diese Debatten zeichnen ein klares Bild der aktuellen politischen Lage in Graz. Zettler und die KPÖ heben hervor, dass eine enge Verzahnung zwischen Wirtschaft und Demokratie unerlässlich für das Wohl der Gemeinschaft ist. Der Bürger sollte nicht nur passive Zuschauer in wirtschaftlichen Belangen, sondern aktiver Mitgestalter demokratischer Prozesse sein.