In der neu erschienenen Romanbiografie „Tatendrang“ von Theresia Töglhofer, die am 29. August im Wiener Museumsquartier während des Literaturfestivals O-Töne vorgestellt wird, wird die ambitionierte Protagonistin Hanna Fürst in die komplexe Welt der europäischen Bürokratie eingeführt. Töglhofer, die 1985 in Graz geboren wurde und heute in Berlin sowie in der Oststeiermark lebt, nutzt ihre eigenen vielfältigen Erfahrungen, um die Hürden, die junge Berufstätige in der EU überwinden müssen, anschaulich darzustellen.
Die Herausforderungen im Praktikum
Zu Beginn ihrer Geschichte beschreibt Töglhofer, wie Hanna ein Praktikum in der „Europäischen Außenzentrale“ antritt. Der Traum, in der internationalen Politik Fuß zu fassen, wird von der Realität der unbezahlten Praktika überschattet. Die Konkurrenz ist groß: Von 500 „Young Professionals“ erhalten am Ende nur 15 ein konkretes Jobangebot. Dieser schmale Weg zum Erfolg fordert die jungen Talente heraus, denn in der würden entscheidende Eigenschaften wie Selbstbewusstsein und Networking erforderlich sein. Idealistische Ansätze hingegen geraten oft ins Hintertreffen.
Symbolik und Realität
Ein zentrales Motiv des Romans ist das Leuchtturmprojekt, das Hanna und ihre Kollegen als Symbol für ein friedliches Europa entwerfen sollen. Doch ausgerechnet ein veralteter Leuchtturm an der Grenze zweier verfeindeter Nachbarn wird für das Vorhaben auserkoren. Diese Wahl lässt schnell erkennen, dass der scheinbare Fortschritt oft eher auf Symbolik als auf echte Veränderungen abzielt. Die naive Vorstellung der jungen Aktivisten wird durch die Enttäuschung gedämpft, als sie erkennen, dass ihre Ideen in der Praxis kaum Gehör finden.
Einblicke in die Bürokratie
Töglhofer gelingt es, durch lebendig erzählte Anekdoten und realistische Beschreibungen, die Absurditäten der EU-Bürokratie zu beleuchten. Rivalitäten zwischen verschiedenen Abteilungen und die häufigen Kompetenzkämpfe machen das Zusammenarbeiten zu einer Herausforderung. Die Autorin stellt die Absurdität und Komplexität der Projektfinanzierung heraus. Einerseits müssen große Budgets schnell ausgegeben werden, um zukünftige Zuteilungen nicht zu gefährden, andererseits scheinen die Vorgaben für Controlling und die Abrechnung wie aus einem unveröffentlichten Kafka-Manuskript zu stammen.
Ein Blick von innen
Der Roman bietet nicht nur einen ironischen Blick auf die Herausforderungen des Arbeitsalltags einer jungen EU-Mitarbeiterin, sondern stellt auch die Widerstandsfähigkeit und den Einfallsreichtum der Generation von heute in den Vordergrund. Trotz der Widrigkeiten, mit denen sich Hanna konfrontiert sieht, zeigt der Roman, dass der Hang zur Veränderung und der Wunsch, aktiv positive Impulse zu setzen, weiterhin besteht. Die Protagonistinnen und Protagonisten lassen sich nicht alles gefallen und fordern kreative Lösungen, was in eine interessante Richtung führt.
Buchdetails und Präsentation
Das Werk von Theresia Töglhofer wird von Kritiken für seine prägnante Darstellung und die realistische Schilderung von Lebensrealitäten in der EU gelobt. Es zeichnet sich durch seinen scharfsinnigen Humor und die Melange aus Ernsthaftigkeit und Satire aus. Der Roman wird im Residenz Verlag veröffentlicht und umfasst 256 Seiten. Besonders die Lesung beim Literaturfestival O-Töne verspricht, ein Highlight für Literaturinteressierte zu werden.
Ein neues Licht auf die EU
Obwohl der Roman von einem leidenschaftlichen Engagement für ein vereintes Europa handelt, bleibt die Frage, inwiefern die Geschichte als Werbung für die EU dient. Stattdessen vermittelt „Tatendrang“ vielmehr die Botschaft, dass auch junge Talente in der Politik mit Widerständen und unverhältnismäßigen Strukturen kämpfen müssen. Der Leser wird daher dazu ermutigt, die Mechanismen der Politik und die harten Realitäten, die hinter der Fassade der europäischen Integration stehen, kritisch zu hinterfragen.