Herbert Kickl, der parteiische Obmann der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), hat kürzlich bei einem Wahlkampfauftakt in Graz eine bemerkenswerte Rhetorik verwendet, die hohe Wellen schlug. Er zeichnete ein Bild, das an die historische Teilung Berlins erinnert und forderte am 29. September, dem Wahltag, einen „Mauerfall“ im politischen Diskurs. Diese Metapher zog Parallelen zur ehemaligen DDR und spielte auf die Abgrenzung der anderen Parteien von den Freiheitlichen an. Kickl sieht sich dabei als ein „Volkskanzler“, der eine neue Ära in der österreichischen Geschichte herbeiführen möchte.
Der FPÖ-Spitzenkandidat reagierte auf die Bestrebungen anderer Parteien, eine so genannte „Brandmauer“ gegen seine Partei zu errichten. Er wies darauf hin, dass die Bevölkerung genau wisse, was mit solchen Maßnahmen gemeint sei: eine antidemokratische Abgrenzung. Damit schürte Kickl das Gefühl von Polarisierung und stellte die FPÖ nicht nur als Teil der Lösung dar, sondern auch als Stimme des Volkes, die nicht zum Schweigen gebracht werden könne.
Der Frust der Bevölkerung und der Ruf nach Veränderung
Ein zentrales Thema in Kickls Argumentation war die Unzufriedenheit, die viele Österreicher aufgrund vergangener Corona-Maßnahmen verspüren. „Wir vergessen nicht und Österreich vergisst nicht“, rief er und sprach von den „Schikanen“ und „Demütigungen“, die er während dieser Zeit beobachtete. Er verwob diese Erinnerungen mit dem Versprechen eines „Festes der Freiheit“, das er symbolisch in Graz feierte. In seiner Sichtweise ist die FPÖ der „frische Wind der Veränderung“, der eine negative Stimmung von denjenigen zurückwirft, die sie erzeugt haben.
In seiner Ansprache positionierte sich Kickl auch als Verteidiger der Neutralität Österreichs. Angesichts der wachsenden Forderungen nach strengeren Einwanderungsregeln von konkurrierenden Parteien, sah er dies als Beweis dafür, dass diesen das Wasser bis zum Hals steht. Er warf den Gegnern der FPÖ vor, dies als Gelegenheit zu nutzen, um die Freiheitlichen als „Demokratiefeinde“ zu brandmarken. Kickl betonte, dass die FPÖ die einzige politische Kraft sei, die sich für Österreichs neutralen Kurs einsetze.
Anliegen zur zur Zuwanderung und Familienpolitik
Ein weiteres zentrales Anliegen von Kickl ist der Zuwanderungsstopp, den er als notwendig erachtet. Er sieht seine Partei als den Retter der „Festung Österreich“ und problematisiert die unkontrollierte Zuwanderung ins Sozialsystem. Seine Beschreibung dieser Zuwanderung als „Völkerwanderung“ verdeutlicht seine kritische Sichtweise auf Migration. Kickl forderte nicht nur einen Stopp der Zuwanderung, sondern auch eine gezielte Rückführung von Migranten und starker Unterstützung der Polizei im Kampf gegen Kriminalität.
Kickl äußerte auch seine Ansichten zur Familie, zu Kindern und Ehen. Betont wertkonservativ sprach er sich für die Förderung der heimischen Kultur und Sprache aus und stellte fest, dass die Geburt eines Kindes mehr sei als ein biologischer Akt. Er warnte vor einer vermeintlichen Einflussnahme durch Marxisten und Kommunisten durch den Verlust von Eigentum, was für ihn eine essenzielle Freiheit darstellt.
Der Medieneinsatz bei der Wahlveranstaltung war beachtlich. Die Freiheitlichen inszenierten die Show in Graz mit noch nie dagewesenen Dimensionen, darunter zehntausend Live-Übertragungen durch parteieigene Medien wie „FPÖ TV“. Kickl trat mit einem bemerkenswerten Vergleich auf, indem er die Herausforderungen, vor denen die FPÖ stehe, mit der Erstbesteigung des Mount Everest verglich. Diese Metaphern und die aufwendige Inszenierung unterstreichen den ungewöhnlich hohen Aufwand, den die FPÖ betreibt, um im Wahlkampf zu überzeugen.
Die Veranstaltung war nicht nur ein Wahlkampfauftakt, sondern auch ein strategischer Schachzug, der den Fokus auf die kommende Nationalratswahl lenkt. Landesparteichef Mario Kunasek stellte den Anspruch auf das Amt des Landeshauptmannes unter Kickls Führung in Aussicht und schürte damit den Optimismus über einen potenziellen Wahlsieg. Während zeitgleich eine Flugshow in Zeltweg stattfand, versuchte die FPÖ, ihre Botschaft und Präsenz in den Vordergrund zu stellen.