In Graz nahm die Geschichte der Tankstellen in Österreich vor genau 100 Jahren ihren Anfang, als die erste Benzinzapfstelle des Landes am Jakominiplatz eröffnet wurde. Dieses bedeutende Jubiläum wurde nun mit einer besonderen Zeremonie gefeiert, bei der eine originale Nachbildung der historischen Zapfsäule enthüllt wurde. Der Ort erinnert nicht nur an die Pionierzeit des Automobilismus, sondern markiert auch einen bedeutenden Fortschritt in der Mobilität des 20. Jahrhunderts.
Am 16. September 1924, eingeführt durch den ehemaligen Rennfahrer Heinrich Haas und Kinobesitzer Karl Löffler, wurde in Graz die erste überdachte Zapfstelle in Österreich eröffnet. Dieses Ereignis sorgte für erhebliches Aufsehen und zog zahlreiche prominente Gäste aus der Politik und dem Sport an. Unter den ersten Kunden war der Grazer Vizebürgermeister Rudolf Pertassek, der symbolisch den ersten Tankvorgang in dieser innovativen Einrichtung durchführte.
Historische Bedeutung der Tankstelle
Die Eröffnung der ersten Tankstelle stellte für die damalige Zeit eine gewaltige Innovation dar. Die Möglichkeit, Autos in einer Stadt unkompliziert mit Benzin zu versorgen, war längst überfällig. Diese Tankstelle nutzte unterirdische Tanks zur Lagerung des Benzins, was die Sicherheit und Effizienz der Betankung erheblich verbesserte. Ein Jahr später beantragten Haas und Löffler eine Erweiterung der Tankkapazitäten, stießen jedoch auf Widerstand der Anrainer. Letztendlich blieb die erste Tankstelle bis 1964 in Betrieb und schloss dann ihre Pforten.
Die Einweihung der Nachbildung der historischen Zapfsäule war Teil einer Feier, die von hochrangigen Vertretern aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen begleitet wurde. Diese Zeremonie feierte nicht nur die Vergangenheit, sondern warf auch einen Blick auf die zukünftige Entwicklung der Mobilität und den Wandel in der Automobilbranche.
Die steirische Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl würdigte in ihrer Ansprache die besondere Rolle der Steiermark im Automobilsektor. Ihr zufolge ist das Jubiläum nicht nur ein Rückblick, sondern auch ein Ansporn, die Innovationskraft der Region zu nutzen, um sich den Herausforderungen der Mobilität im 21. Jahrhundert zu stellen.
Wissenschaftliche Perspektiven und kulturhistorische Betrachtung
Helmut Eberhart von der Universität Graz und sein Team haben sich intensiv mit dem „Mythos Tankstelle“ auseinandergesetzt. Eberhart erklärte, dass diese Tankstelle der Startschuss für eine neue Ära der Mobilität in Österreich war. Im Rahmen des Festakts am 16. September 2024 wird Eberhart sein neues Buch „Mythos Tankstelle“ präsentieren, welches sich mit der kulturellen und historischen Bedeutung der Tankstelle befasst. Darüber hinaus werden Studierende der TU Graz eine Ausstellung zeigen, die den Werdegang und die Relevanz von Tankstellen in der Gesellschaft veranschaulicht.
Jürgen Roth, Bundesobmann des Energiehandels, betonte die nostalgischen Gefühle, die diese Erinnerungen wecken, und drückte seinen Stolz über den Fortschritt in der Tankstellenbranche aus. Auch Harald Pfleger, Fachgruppenobmann der steirischen Tankstellenbetreiber, blickte auf die vergangenen 100 Jahre zurück und zelebrierte den Stellenwert der Tankstellen im öffentlichen Leben, der auch im digitalen Zeitalter bestehen bleibt.
Das Jubiläum der ersten österreichischen Tankstelle am Jakominiplatz ist nicht nur ein Fest der Vergangenheit, sondern auch eine Verheißung für die zukünftige Entwicklung in der Mobilität der Gesellschaft. Die ständig wandelnden Bedürfnisse der Menschen verlangen neue Ideen, doch der Grundstein dafür wurde vor einem Jahrhundert in Graz gelegt.