Am Freitagabend eröffnete das Grazer Schauspielhaus seine neue Saison mit einer szenischen Adaption des erfolgreichen Romans „Mein Jahr der Ruhe und Entspannung“ von Ottessa Moshfegh. Diese eindringliche Collage, die Therapiestunden, traumähnliche Sequenzen und Erinnerungen vereint, stellte sich als komplex und herausfordernd heraus. Leider fehlte es den Darstellern zeitweise an der nötigen Spannung, was zu einem uneinheitlichen Zuschauererlebnis führte.
Im Kern der Handlung steht eine junge Frau, die beschließt, ein Jahr lang zu schlafen, um sich von den Anforderungen des Lebens zu lösen – sei es das Schönheitsideal, die Herausforderungen der Leistungsgesellschaft oder die Trauer um den Verlust ihrer Eltern. Die Regisseurin Ewelina Marciniak versuchte, diese innere Reise lebendig zu gestalten, indem sie die Hauptfigur mit verschiedenen Menschen interagieren ließ, um sie für das Publikum greifbarer zu machen. Doch diese Annäherung gelingt nur teilweise.
Die Darstellung der Frauenrollen
Zu Beginn des Stücks wird die junge Frau in verwirrenden Szenen zwischen Tierpräparatoren und einer Gruppe von Menschen, die in Papiersäcke erbrechen, dargestellt. Erst nach 50 Minuten wird deutlich, dass sie plant, einen längeren Schlaf zu halten. Obwohl die Szenen sorgfältig choreografiert wurden, wirkt vieles zufällig. Die Themen, die angerissen werden, betreffen den verzerrten Kunstmarkt und die sexualisierte Darstellung von Frauen, die in patriarchalischen Gesellschaften oft zu Objekten reduziert werden. Auch der Einfluss von Psychopharmaka und Schlaftabletten spielt eine entscheidende Rolle und weicht die Grenzen zwischen Realität und Traum weiter auf.
Luiza Monteiro brilliert in der Hauptrolle und bringt die inneren Konflikte der Protagonistin auf eine berührende Weise zum Ausdruck. In den emotionalen Szenen mit ihrer Mutter, eindringlich gespielt von Olivia Grigolli, offenbart sich eine Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit. Dennoch bleibt das Stück manchmal in plumpen Auflösungen stecken. Der Höhepunkt der Dichte wird in der Begräbnis-Szene erreicht, während die Therapiemomente oft redundant wirken.
Die Nebenrollen sind ebenfalls stark besetzt: Anna Klimovitskaya begeistert als Freundin, während Anke Stedingk als Therapeutin zwischen Zweifeln schwankt. Marielle Layher und Mario Lopatta bringen mit ihrer Persiflage als Galeristin und Künstler einen kritischen Blick auf die Kunstszene. Besonders beeindruckend ist die körperliche Leistung von Dominik Puhl, der sowohl als Hund als auch als Tänzer brilliert.
Das Publikum zeigte sich am Ende etwas ratlos und erschöpft. Die dichte Handlung und die hohe Aufmerksamkeitsspanne, die das Stück erforderte, hinterließen einen gemischten Eindruck. Vielleicht braucht man nach dieser intensiven Aufführung einen Moment, um die vielen Eindrücke zu verarbeiten. Für weitere Informationen über das Stück besuchen Sie die offizielle Webseite des Schauspielhauses Graz.