Im Jahr 1998 haben sich katholische Theologinnen in Deutschland zusammengeschlossen, um ihre Stimme zu erheben und ihre Sichtbarkeit in Kirche und Gesellschaft zu fördern. Der Verein „AGENDA“ verfolgt das Ziel, die wissenschaftliche Arbeit von Theologinnen zu stärken und deren Interessen zu vertreten. In den letzten fünf Jahren war die Bochumer Dogmatikerin Gunda Werner die treibende Kraft an der Spitze des Vereins. Am Mittwochabend wird ihre Nachfolgerin gewählt, und Werner blickt in einem Interview auf die Entwicklungen ihrer Amtszeit zurück.
Die Situation der Frauen in der katholischen Theologie war lange Zeit von Unterrepräsentation geprägt. Werner und ihr Team haben sich intensiv mit diesem Thema befasst und verschiedene Studien veröffentlicht, um deren Fortschritte und Herausforderungen zu dokumentieren. Besonders bedeutend war ihre Untersuchung zur Präsenz von Frauen in theologischen Fachzeitschriften und auf Konferenzen. Diese Studie lieferte klare Zahlen, die belegten, dass Frauen in diesen Bereichen weit weniger vertreten sind, als es ihrem Anteil an der Gesamtzahl der Theologinnen entspricht. „Wir konnten zeigen, dass es nicht nur ein Gefühl ist, sondern dass sich das mit Zahlen belegen lässt“, erklärt Werner stolz.
Kämpfen für Sichtbarkeit
Ein weiteres zentrales Anliegen von AGENDA war die Untersuchung des „Nihil obstat“-Verfahrens, das für Theologinnen bei Berufungsverfahren zur Hürde werden kann. Werner berichtet, dass sie während ihrer Amtszeit kontinuierlich für diese Studie gekämpft hat auch auf Widerstände gestoßen ist: „Wir als AGENDA haben irgendwann gesagt: Ja, wir machen das jetzt einfach.“ Trotz fehlender Rückmeldungen von den relevanten Akteuren, wie dem Bildungsdikasterium im Vatikan und der Deutschen Bischofskonferenz, zeigt die Diskussion auf Fachkonferenzen, dass das Thema jetzt ernst genommen wird.
Ein weiterer Punkt, der zur Diskussion anregt, ist die anstehende Anwendung des neuen katholischen Hochschulrechts. Hier stellt sich die Frage der Einbeziehung von Frauen, wenn es um die Verhandlungen über das Akkommodationsdekret geht. Dies gewinnt an Bedeutung, da viele Frauen aus dem akademischen Bereich zur Theologie beizutragen suchen, die bislang in Entscheidungsprozesse nicht integriert wurden. Werner kritisiert, dass keine Frauen in den Verhandlungen beteiligt sind und bemerkt, dass AGENDA auch nicht gefragt wurde.
Eine Stimme für alle
Die Herausforderungen, mit denen Frauen in der Theologie konfrontiert sind, sind vielschichtig. Einerseits gibt es einen erheblichen Mangel an sichtbaren Vorbildern und Netzwerken, während andererseits auch biografische Hindernisse, wie der Abbruch von Promotionen, für bestimmte Gruppen von Frauen prävalent sind. „Wir wissen, dass überproportional viele Frauen in der katholischen Theologie ihre Promotion abbrechen“, stellt Werner fest und hebt den Bedarf an besseren Unterstützungsstrukturen hervor. Im Fokus ihrer Arbeit steht es, durch Netzwerke und Kooperationen in die Öffentlichkeit zu treten.
Die Mitgliederzahl von AGENDA wächst. Insbesondere die „Junge AGENDA“, die sich vor einigen Jahren gegründet hat, bietet über 100 jungen Theologinnen Möglichkeiten zum Austausch und zur Unterstützung. Werner hebt hervor, dass diese Netzwerke dringend nötig sind, da Frauen in der Theologie früher nicht die gleichen Möglichkeiten wie Männer hatten.
Eine weitere Veränderung in der Diskussion um Geschlechterfragen in der Theologie betrifft die verschiedenen Wellen des Feminismus. Werner sieht dabei ein wachsendes Bewusstsein und die Notwendigkeit, sich kritisch mit Fragen der Diversität und Inklusion auseinanderzusetzen. Die AGENDA arbeitet daran, ein Raum für diese Vielfalt zu schaffen und gleichzeitig auf die bestehenden Hürden aufmerksam zu machen.
Die letzte Frage im Gespräch mit Werner bezieht sich auf die Herausforderungen, die ihre Nachfolgerin erwarten. Ihre Antwort: „Hartnäckig bleiben, Netzwerke bilden und gemeinsame Themen suchen ist das Wichtigste.“ Diese Weisheit bleibt auch in Zeiten des Wandels von großer Bedeutung, da die Strukturen der katholischen Kirche nur langsam Fortschritte machen.