Die Wiener Drag Queen Ryta Tale hat inmitten der Herausforderungen der Corona-Pandemie ihren Platz in der Drag-Szene gefunden. Während viele Kunstschaffende in schwierigen Zeiten aufgaben, nutzte Ryta die Lockdowns, um als Drag-Künstlerin durchzustarten. Ihre Geschichte ist nicht nur inspirierend, sondern spiegelt auch die Verwandlung und den Widerstand in der kreativen Gemeinschaft wider.
Im ersten Lockdown 2020 begann Ryta, deren bürgerlicher Name Michael ist, sich mit Make-up zu beschäftigen. „Ich wusste, was ich brauchte“, sagt sie, „da ich bereits Erfahrungen im Theater gesammelt hatte.“ Trotz ihrer Vorbildung war das Experimentieren mit Drag-Make-up Neuland für sie. Sogar YouTube-Tutorials wurden zur Inspirationsquelle. Ihre ersten Schritte in die Drag-Welt waren geprägt von Unsicherheit, doch sie klärte schnell, welches Make-up für ihr Gesicht am besten geeignet war. „Ich hatte unheimlich viel Freude beim Ausprobieren“, fügt Ryta hinzu.
Ein Debüt auf der Pride
Das erste öffentliche Auftreten ließ nicht lange auf sich warten. Auf der Pride 2021, einem der größten Festivals der LGBTQ+-Gemeinschaft, trat Ryta Tale zum ersten Mal auf und wurde von den Anwesenden enthusiastisch empfangen. Die Fragen „Darf ich ein Selfie mit dir machen?“ und „Darf ich ein Foto machen?“ prägten diesen besonderen Moment. “Ich wusste, dass ich offensichtlich etwas richtig gemacht hatte“, erzählt sie, sichtlich stolz.
Nach diesem erfolgreichen Debüt folgten schnell weitere Auftritte. Beim Drag Lab, einer offenen Bühne für Drag-Künstler, wagte sie sich an ihre erste Performance, die auf Anhieb gut ankam. “Es war ein Mash-Up von Aqua‘s ‚Barbie Girl’“, sagt sie und schwelgt in Erinnerungen an das wohlige Gefühl, auf der Bühne zu stehen. Von diesem Moment an erlangte Ryta eine kontinuierliche Buchung, die sie schließlich bis zu dreimal pro Woche auf die Bühne brachte.
Herausforderungen durch die Pandemie
Jedoch brachte die Pandemie auch Rückschläge mit sich. Der Lockdown im November 2020 legte die Veranstaltungsbranche und somit auch Ryta Tales Auftritte lahm. „Von heute auf morgen wusste ich nicht, wann ich wieder in Drag sein würde. Ich hatte schon leichte Depressionen“, beschreibt sie die Auswirkungen dieser Zeit. Ryta war gezwungen, ihre Kreativität neu zu entfachen und begann sogar, mit dem Nähen von Kostümen zu experimentieren, ein Prozess, der ihrer künstlerischen Praxis neuen Schwung verlieh.
„Es war ein neues Hobby, das mir half, mich wieder zu motivieren“, erinnert sie sich. Als sie schließlich nach einem weiteren Lockdown Ende Januar 2021 wieder auf die Bühne durfte, war es ein befreiendes Gefühl. „Seit diesem Auftritt sehe ich wieder ein Licht am Ende des Tunnels“, sagt Ryta mit einem Lächeln.
Die Wiener Drag-Szene
Mittlerweile ist Ryta Tale fest in der Wiener Drag-Szene angekommen. Sie beschreibt die verschiedenen „Dunstkreise“ – Gemeinschaften innerhalb der Drag-Kultur, die sich größtenteils gut verstehen, aber auch eigene Wahlverwandtschaften pflegen. Ryta ist es wichtig, sich sowohl mit Gleichgesinnten zu vernetzen als auch ihre Individualität zu bewahren. „Ich glaube, dass die Drag-Szene so vielfältig ist, da die Künstler:innen selbst so unterschiedlich sind“, fügt sie hinzu.
Ein zentraler Aspekt der Drag-Kultur für Ryta ist die Freiheit, die sie ihr bietet. „Ich bin diese Kunstfigur, und ich merke, dass es nicht mehr viel braucht, um beim Publikum gut anzukommen. Diese Freiheit, die ich fühle, ist außergewöhnlich.“ Trotz dieser positiven Erfahrungen gibt es für sie aber auch Grenzen, wenn es darum geht, in der Öffentlichkeit in Drag zu sein. „Mein Zuhause ist mein Safe Space“, betont sie.
In der Drag-Community blüht Ryta Tale auf, und die Vorbereitungen für zukünftige Auftritte laufen bereits. Ein großer beruflicher Schritt fehlt jedoch noch: ein internationaler Auftritt. „Das steht ganz oben auf meiner Liste“, sagt sie hoffnungsvoll. Ryta hat viele Träume und Ambitionen, die sie mit ihrer Kunst verwirklichen möchte; und ihre Reise hat gerade erst begonnen.