Die moderne Schuhindustrie steht immer wieder in der Kritik, insbesondere wenn es um die Gesundheit unserer Füße geht. Galahad Clark, der Gründer der Marke Vivobarefoot, führt diese Diskussion mit einem provokanten Vergleich: Seine Meinung ist, dass herkömmliche Schuhe für Kinder ebenso schädlich sein können wie Zigaretten. Clark, ein Schuster in der siebten Generation und Nachfahre der bekannten Schuhmarke Clarks, hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Bewusstsein für die Bedeutung von gutem Schuhwerk zu schärfen.
Vivobarefoot, 2012 gegründet, bietet Schuhe mit dünnen, breiten Sohlen an, die es den Füßen ermöglichen, sich natürlich zu bewegen. Clark kritisiert, dass herkömmliche Schuhe oft nicht den anatomischen Gegebenheiten unserer Füße entsprechen. Stattdessen formen sie den Fuß in eine unnatürlich Form. „Jeder Schritt in einem herkömmlichen Schuh ist wie der Versuch, seine Schuhe zu leihen und sie zu tragen, während sie nicht wirklich passen“, sagt er.
Der Weg zur Unabhängigkeit
Clark ist überzeugt, dass diese Schuhart nicht nur mehr Fußfreiheit bietet, sondern auch einen Lifestyle widerspiegelt, den er als „bewusste Einzelgänger“ beschreibt. Kunden, die Vivobarefoot-Schuhe kaufen, sind oft Menschen, die Wert auf Qualität und Nachhaltigkeit legen. Diese Philosophie spiegelt sich auch in Clarks Führungsstil wider. Er hat das mittlere Management in seiner 160-köpfigen Belegschaft abgebaut und strebt nach einem demokratischen Ansatz: „Wir möchten, dass jeder sich einbringen kann und dass Entscheidungen gemeinsam auf Augenhöhe getroffen werden“, erklärt er.
Mit einem Jahresumsatz von über 103 Millionen Euro zeigt sich, dass dieses Konzept fruchtet: Rund 1,1 Millionen Paar Schuhe verkauft Vivobarefoot jährlich, 80 Prozent direkt an die Kunden. Diese direkten Verkäufe sichern nicht nur die Unabhängigkeit des Unternehmens, sondern ermöglichen auch die Bewahrung der ursprünglichen Mission.
Clark ist passiv gegenüber der zunehmenden Konkurrenz im Bereich Barfußschuhe. In den letzten zwei Jahren haben sich in Europa 35 neue Marken gegründet, die ähnliche Produkte anbieten. Er sieht das als Zeichen einer wachsenden Bewegung, die mehr Vielfalt in die Schuhindustrie bringt: „Wir sind wie ein Untergrund-Widerstand gegen das Mainstream-Denken“, sagt er und lobt die Authentizität, die diese Konkurrenz mit sich bringt.
Eine Rückkehr zu den Wurzeln
Clarks Vision geht über den Verkauf von Schuhen hinaus. Er sieht in dem Trend der Barfußschuhe eine Rückkehr zu den Wurzeln seines Handwerks. „Das erste Werkzeug des Menschen war wahrscheinlich ein Schuh. Wir alle sind Nachfahren von Schuhmachern“, erklärt er. Auch wenn seine Wurzeln in der traditionsreichen Marke Clarks liegen, glaubt er, dass die Zeit gekommen ist, sich auf die Ursprünge der Schuhmacherei zu besinnen und das zu fördern, was wirklich gut für unsere Füße ist.
Er mahnt jedoch zur Vorsicht im Umgang mit Investoren: „Kleine Unternehmen dürfen sich nicht von großen Firmen abhängig machen. Schnelles Geld könnte uns von unserer Mission ablenken.“ Diese Philosophie prägt nicht nur die Produktentwicklung, sondern auch die Art und Weise, wie Vivobarefoot auf dem Markt agiert und sich gegen die großen Konkurrenten behauptet.
Mit einem Preis von etwa 200 Euro pro Paar stellt er die Frage nach der Zugänglichkeit seiner Produkte. Während große Marken günstigere Alternativen anbieten, bleibt Vivobarefoot dem Prinzip treu, Qualitätsprodukte zu vertreiben, die für die Gesundheit der Füße förderlich sind. „Wir wollen zugänglicher werden, aber es ist nicht einfach, unsere Preise entsprechend anzupassen“, erklärt Clark und zeigt, dass Qualität ihren Preis hat.
So bleibt Galahad Clark weiter am Puls der Zeit, fest entschlossen, die Wahrnehmung von Schuhen zu revolutionieren und dabei die Unabhängigkeit seines Unternehmens zu sichern. Ob Barfußschuhe in Zukunft die Norm werden oder nur eine Nische darstellen, ist ungewiss – sicher ist jedoch, dass Clark mit Vivobarefoot einen starken Einfluss auf das Schuhbewusstsein hat.