Vor 90 Jahren brach eine Gruppe junger Männer, die für den Grazer SC Straßenbahn spielten, zu einem bemerkenswerten Abenteuer auf. Diese Kicker wurden nach Niederländisch-Indien eingeladen, um als Teil einer kolonialen Repräsentation einen Sieg zu erzielen. Diese weniger bekannte Geschichte aus den turbulenten Zeiten des austrofaschistischen Österreichs wirft Fragen auf und bietet interessante Einblicke in die damaligen globalen Machtverhältnisse. Der Verein, der heute in den unteren Ligen des österreichischen Fußballs spielt, war an diesem historischen Moment beteiligt, was die Erzählung umso faszinierender macht.
Christian Winkler, ein leidenschaftlicher Autor und Regisseur, hat mit seinem Werk „Empire: Rooting for the Anti-Hero“ den Stoff für eine packende Theateraufführung geschaffen. Das Stück, das im Rahmen des steirischen herbstes unter dem Motto „Horror Patriae“ präsentiert wird, beleuchtet das Schicksal von Suwandi, einem Mann, der als Sklave nach Java verkauft wurde. Suwandi findet schließlich seinen Weg nach Graz, wo er als Liftboy arbeitet und in die Geschichte zurückkehrt, die ihm seine Wurzeln zeigt. Er hilft den unwissenden Fußballern, von der Existenz ihrer Heimat zu begreifen, während er selbst mehrere Rollen übernimmt, darunter auch die des Trainers und Liebhabers.
Die Absurdität des Kolonialismus
Das Stück offenbart die unfassbare Absurdität des Kolonialismus, indem es weniger auf die unmittelbare Brutalität eingeht, sondern vielmehr die surrealen Elemente der Machtexplosion beleuchtet. Der Hauptcharakter, erzählt von Marten Schmidt, hat eine eher philosophische Sicht auf seine Rolle in der Geschichte und wirft tiefergehende Fragen zur Identität und zur Natur der Macht auf. Dies wird durch die eindrucksvolle Begleitung des Gamelan-Orchesters der Kunstuni Graz verstärkt, das mit seinen 16 Mitgliedern einen klanglichen Teppich webt, der das Publikum eineinhalb Stunden lang in seinen Bann zieht.
Auf dem Spielfeld zeigt sich, dass der Grazer SC Straßenbahn gewinnen musste, um die Erwartungen zu erfüllen – eine winzige Mikrokosmos-Darstellung größerer geopolitischer Spiele. Der Trainer, unabhängig von den Ergebnissen, ist ein gebrochener Mann, der das kontrollierte Chaos auf die Mannschaft projiziert. Der Dramatiker spielt geschickt mit Lichtern und Klängen, um die Dissonanz der dargestellten Realität hervorzuheben, bis schließlich ein Schuss fällt. Dies stellt das Ende der fröhlichen Spiele dar und erinnert daran, dass am Ende immer der Untertan den Preis zahlen muss.
Im Zusammenspiel von Fiktion und Dokumentation fragt Winkler den Zuschauer nach der eigenen Wahrnehmung der Geschichte. Wo beginnt die Realität und wo endet die Fiktion? Es ist diese Frage, die die Zuschauer dazu anregt, über das Gesehene nachzudenken und die vielschichtigen Geschichten zu reflektieren, die wir oft für selbstverständlich halten. Winkler hat mit „Empire“ nicht nur ein Stück geschaffen, sondern Dialoge über Kolonialismus und Identität eröffnet, die immer noch relevant sind.
Die Rede ist von einer Erzählung, die das Publikum herausfordert, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Die Performances sind sowohl künstlerisch eindrucksvoll als auch intellektuell anregend, wodurch ein eindrucksvolles Erlebnis geschaffen wird, das noch lange nach dem Verlassen des Theaters im Gedächtnis bleibt. Der Auftritt ist eine Nachforschung über die Wahrheit und die Illusion, die während kolonialer Zeiten propagiert wurde, und lässt die Zuschauer an der Absurdität der Machtverhältnisse der vergangenen Ära teilhaben.
Für mehr Informationen über diese fesselnde Produktion, siehe die aktuelle Berichterstattung auf www.kleinezeitung.at.