Im Rahmen seiner Masterarbeit an der Universität Graz hat Benedikt Römer, ein ehemaliger Mitarbeiter des Kinderbüros, das Mobilitätsverhalten von Kindern untersucht, die in den Randgebieten von Graz leben. Das Thema der Nachbarschaftsmobilität, das beschreibt, wie selbstständig Kinder in ihrer Umgebung agieren, ist in Österreich bislang kaum erforscht worden. Dies gilt insbesondere für die Lebensrealität von Kindern in Stadtrandbereichen, zu der es noch wenig Daten gibt.
Römer, der am Institut für Geographie und Raumforschung tätig ist, stellte sich die zentrale Frage: „Sind die Randgebiete der Stadt eine sichere und bedürfnisgerechte Umgebung für Kinder, in der sie sich ohne Erwachsenenaufsicht bewegen können?“ Um diese Frage zu beantworten, führte er Interviews mit Kindern durch. Diese fanden in Form von Spaziergängen statt, bei denen die Kinder ihre Nachbarschaft anhand von Erinnerungen darstellten. Die Erstellung von subjektiven Karten erfolgte in Workshops an verschiedenen Volksschulen, darunter Jägergrund, Liebenau und St. Peter.
Einblicke durch die Augen der Kinder
Besonders im Fokus stehen die Kinder selbst, die als Expertinnen und Experten ihrer Lebenswelt betrachtet werden. Römer begründet diesen Ansatz durch die Überzeugung, dass die Wahrnehmung der Kinder maßgeblich zur Analyse ihrer Umgebung beiträgt. Die Forschungsarbeit zeigt, dass die Mobilität der Kinder im städtischen Randbereich stark variiert, was durch die ungleiche bauliche und infrastrukturelle Gestaltung dieser Gebiete bedingt ist. Kinder in diesen Randgebieten verfügen über eine andere Art von Bewegungsfreiheit als ihre Altersgenossen in zentraleren Stadtteilen.
Ein zentrales Ergebnis der Studie ist die hohe Bedeutung von Waldflächen für die Kinder. Diese Naturräume, die oftmals leicht zugänglich sind, werden von den Kindern intensiv genutzt. Sie bieten nicht nur Raum für Erkundungen, sondern auch für unbeaufsichtigtes Spiel im Freien. Die Möglichkeit, sich in solchen natürlichen Umfeldern zu bewegen, fördert die Selbstständigkeit und das kreative Spielen der Kinder.
Allerdings zeigen sich auch negative Aspekte. Viele Orte für organisierte Freizeitaktivitäten, wie Sportvereine oder Musikschulen, befinden sich oft in größerer Entfernung zu den Wohnbereichen der Kinder. Römer merkt an, dass die Kinder normalerweise nicht dazu in der Lage sind, diese Orte zu Fuß, mit dem Roller oder Fahrrad zu erreichen. Das Ergebnis ist, dass sie häufig von ihren Eltern dorthin gefahren werden, was zur Bildung von „Inseln“ führt – abgelegenen Orten, die isoliert von den Lebenswelten der Kinder liegen.
Diese Forschung ist nicht nur wichtig, um ein besseres Verständnis für das Mobilitätsverhalten von Kindern im Stadtrandbereich zu gewinnen, sondern auch um die Infrastrukturen anzupassen. Eine Verbesserung der Wege zu Freizeitorten und die Berücksichtigung von kinderfreundlichen Lebensräumen könnten entscheidend sein, damit Kinder verantwortungsvoll und selbstständig in ihrer Nachbarschaft agieren können. Dieser Aspekt ist besonders bedeutsam, da die Förderung der Eigenständigkeit von Kindern einen positiven Einfluss auf deren Entwicklung hat.
Die Ergebnisse der Studie bieten einen wertvollen Anstoß zur Diskussion über kinderfreundliche Stadtplanung in Graz und darüber hinaus. Der vollständige Bericht von Benedikt Römer über die Nachbarschaftsmobilität kann als Grundlage für weitere wissenschaftliche Untersuchungen dienen, um die Lebensqualität und Mobilität von Kindern in urbanen Strukturen zu verbessern. Für mehr Informationen zu dieser Thematik lohnt sich ein Blick in die aktuellen Berichte auf www.meinbezirk.at.