Die kulturelle Identität des Salzkammerguts wird derzeit eindrucksvoll durch das Europäische Theaterfestival in Bad Ischl belebt. Im historischen Lehártheater, einem von den imposanten Zeugen der Operettengeschichte geprägten Gebäude, wird bis Sonntag das Thema der Erinnerungskultur auf vielfältige Weise behandelt.
„Glücklich ist, wer vergisst“ prangte lange Zeit als Motto auf der Bühne, doch nun findet die oft verdrängte Erinnerung ihren Platz. Mavie Hörbiger, ein Star des Burgtheaters, eröffnete das Festival mit ihrer Inszenierung „Das denkende Herz“, in der sie Texte von Stefan Zweig und David Grossmann verknüpft. Diese Darbietung thematisiert die überzeitliche Sehnsucht nach Frieden und offenen Dialogen zwischen Generationen. Aufgeführt wurde auch ein Doppel von Sidiki Yougbaré und Thiemo Strutzenberger, welches sich mit Erinnerungsarbeit und kolonialer Geschichte auseinandersetzt.
Künstlerische Reflexionen
Ein weiterer spannend gestalteter Abend widmete sich den Herausforderungen des Verlusts. Lucie Dordoigne und Anis Durand-Mauptit erzählten in ihrem Stück „RIP Refrain“ von komplexen Emotionen rund um den Tod eines Vaters. Elemente wie tanzende Elefanten und ein Vulkan vermischten sich in einer fantastischen Pantomime, die die Schwierigkeiten des Abschiednehmens reflektiert. Das Publikum wurde Zeuge, wie ein fiktives rosa Zottelwesen sich von der Trauer verabschiedete.
Im Anschluss an diesen emotionalen Auftritt folgte das choreografierte Werk „Bierzelt“ von Hannah Maria Wimmer. Hierbei wurden die Ritualen des leicht frivol anmutenden Amüsements in einer humorvollen Darstellung mit tänzerischen Elementen ansprechend veranschaulicht. Diese skurrilen Darbietungen weckten das Interesse der Besucher, die gleichzeitig die tiefere Botschaft hinter den oberflächlichen Feierlichkeiten ergründen konnten.
Eine erfreuliche Nachricht für die Theaterfreunde ist, dass die Grazer Kunstszene ebenfalls bei dem Festival vertreten ist. So wird Edith Draxl am Freitag mit dem uniT-Kunstlabor auftreten und mit ihrem Female Heritage-Projekt tiefere Einblicke in die Rolle der Frauen in der Lokalgeschichte geben. Ein positives Zeichen ist, dass diese Produktion möglicherweise nächstes Jahr auch auf dem Festival „La Strada“ zu sehen sein wird.
Zu den weiteren Programmpunkten gehörte Lukas Kranzelbinders Aufarbeitung von Ferdinand Schmalz‘ Romandebüt „Mein Lieblingstier heißt Winter“, das am Freitag ebenfalls in Bad Ischl aufgeführt wurde. Den Abschluss des Festivals bildet am Sonntag das Stück „Schweiß und Tränen sind auch nur Salz und Wasser“ von Christine Teichmann, das die menschlichen Emotionen auf eine fesselnde Art und Weise zum Ausdruck bringen wird.
Kulturelle Vielfalt im Herbst
Nicht nur im Lehártheater, auch in anderen Teilen der kulturellen Landschaft im Salzkammergut gibt es vielfältige Angebote. Die Ausstellung „Brandungen“ in Ebensee, die sich mit versenkten Arbeiterbüchereien zur Zeit des Ständestaats beschäftigt, und die Schau „Green“ in Altmünster, die Werke von Künstlern wie Lois Hechenblaikner präsentiert, sind derzeit sehr beliebt. Diese Ausstellungen laufen bis Ende Oktober sowie bis Mitte November dieses Jahres.
Besonders hervorzuheben ist die außergewöhnliche Veranstaltung „Landschaftsorgel“ in der Schottergrube Vorchdorf, bei der über 300 Blasmusikerinnen und Blasmusiker zu hören sein werden. Ab 17 Uhr wird eine beeindruckende Klangfläche in die Natur hineingelegt, die eine Brücke zwischen Mensch und Landschaft schlägt.
Angesichts der Vielzahl an kulturellen Angeboten bleibt die Frage, wie die Theater- und Kunstszene im Salzkammergut weiterhin durch innovative Projekte und umfassende Auseinandersetzungen mit historischen Themen zum Nachdenken anregen kann. Für weitere Informationen über die aktuellen Entwicklungen und Programme lohnt sich ein Besuch auf www.kleinezeitung.at.
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