In der heutigen Musiklandschaft stehen viele heimische Künstler:innen vor großen Herausforderungen. Ausverkaufte Konzerte und lange Tourneen scheinen für viele das Bild eines erfolgreichen Musikschaffenden zu prägen, doch hinter den Kulissen sieht es oft anders aus. Der Traum, von der Musik zu leben, wird für die Mehrheit der Musiker:innen in Österreich immer schwieriger. Ein zentrales Element in dieser Diskussion sind die Streaming-Dienste, welche die Art und Weise, wie Musik konsumiert und produziert wird, erheblich verändern.
Die Auswirkungen von Streaming auf das Songwriting
Streaming-Dienste wie Spotify und Apple Music haben sich als Hauptakteure in der Musikwelt etabliert und verdrängen zunehmend traditionelle Medien wie das Radio. Der Salzburger Musiker Michael Mörth, der über umfangreiche Erfahrung in der lokalen Musikszene verfügt, bemerkt eine veränderte Herangehensweise im Songwriting. „Künstler müssen nun sofort die Aufmerksamkeit ihrer Zuhörer gewinnen“, erklärt Mörth. Dadurch würden Songs kürzer und oft gleich mit dem Refrain beginnen. Diese Anpassungen sind Teil eines größeren Trends, bei dem Künstler:innen gezwungen sind, ihr kreatives Schaffen an die Bedürfnisse der Streaming-Plattformen anzupassen.
Eine Doppelbotschaft: Nutzen und Risiken
Die Streaming-Plattformen fungieren sowohl als Fluch als auch als Segen für die Künstler:innen. Mörth hebt hervor, dass die Unabhängigkeit und die Möglichkeit, Musik sofort zu veröffentlichen, sehr vorteilhaft sind. Jedoch geht diese Freiheit mit einer harten Realität einher: Angesichts der Vielzahl an Veröffentlichungen bleibt die eigene Musik oft unentdeckt. Dazu kommt die Herausforderung der finanziellen Vergütung, die für Künstler:innen nicht ausreicht, um vom Musikschaffen zu leben. Mörth schildert, dass etwa 3,39 Euro für 1.000 Streams gezahlt werden. Um die Produktionskosten eines Songs von 1.000 Euro zu decken, benötigen Musiker:innen schätzungsweise 200.000 Streams.
Der Wert von Fördergeldern
Um in der heutigen Musiklandschaft überleben zu können, sind Fördergelder von großer Tragweite. Der österreichische Musikfonds, unterstützt vom Bundesministerium für Kunst und Kultur, bietet häufig fünfstellige Beträge zur Finanzierung von Projekten an. Darüber hinaus haben Künstler:innen Zugang zum SKE-Fonds, der sowohl Musiker:innen als auch Labels in Form von durchschnittlich 1.500 Euro unterstützt. Eine besondere Auszeichnung stellt der Heimo Erbse Preis dar, der jedes Jahr an talentierte Musiker:innen im Wert von 3.000 Euro vergeben wird.
Die Realität der Musikszene in Österreich
Die Musikszene in Österreich zeigt ein ungleiche Bild: Wenige große Acts wie Wanda oder Bilderbuch haben Erfolg, während viele kleinere Künstler:innen kaum wahrgenommen werden. Rockhouse-Geschäftsführer Wolfgang Descho prognostiziert, dass die gegenwärtigen Herausforderungen die Wertschöpfungskette stark beeinflussen. „Früher haben Musiker durch Radio-Tantiemen existieren können, aber dieser Weg ist weitgehend versperrt“, sagt er. Die Notwendigkeit für Musiker:innen, sich zusammenzuschließen und für ihre Rechte zu kämpfen, wird im aktuellen Kontext besonders wichtig.
Ein Mangel an Einkommensmöglichkeiten
Die Notwendigkeit, mehrere Einkommensströme zu haben, wird für viele Musiker:innen zum unverzichtbaren Bestandteil ihres Schaffens. Mörth gibt zu, dass viele in der Branche neben ihrer kreativen Arbeit zusätzlich Unterricht geben oder Produktionen für andere Musiker:innen übernehmen. „Als reiner Musiker könnte ich nicht überleben“, so Mörth, der die vielfältigen Anforderungen und Herausforderungen, denen sich Künstler:innen gegenübersieht, klar beschreibt.
Forderungen nach fairer Vergütung
Die Diskussion um die Umsätze, die an Künstler:innen zurückfließen, wird sowohl von Mörth als auch von Descho als dringlich erachtet. Die technische Entwicklung und die Veränderungen im Konsumverhalten erfordern ein Umdenken, jedoch bleibt die Hoffnung auf fairere Vergütungen für die Musikschaffenden bestehen. Es liegt an der Musikgemeinschaft, ihre Forderungen zu bündeln und darauf zu drängen, dass die Streaming-Anbieter angemessene Erlöse ausschütten.
Ein Blick auf die Zukunft der Musikszene
Die gegenwärtige Situation in der Musikwelt zeigt, dass sich die Branche in einem ständigen Wandel befindet. Streaming-Dienste verändern nicht nur das Verhalten der Zuhörer:innen, sondern auch das kreative Schaffen der Musiker:innen. Während die Unterstützung durch Fördergelder für viele zwingend notwendig bleibt, ist auch das Potenzial der Streaming-Plattformen nicht zu vernachlässigen. Die Frage, ob und wie sich Musiker:innen in diesem dynamischen Umfeld erfolgreich positionieren können, wird die Landschaft der heimischen Musikszene weiterhin prägen.