Eine Gruppe von 30 Mitgliedern des Seniorenbundes Vöcklabruck begab sich auf eine bemerkenswerte Reise zurück in die dunkle Geschichte der Region. Unter der Leitung von Reisereferent Bruno Horn besuchten sie das ehemalige Raketentestgelände des Dritten Reiches in den beeindruckenden Bergstollen der Bierbrauerei Zipf. Diese Reise sollte nicht nur historische Einblicke ermöglichen, sondern auch das Bewusstsein für die oft vergessenen Geschichten aus der Zeit des Nationalsozialismus schärfen.
Die Geschichte des Standorts reicht bis in den September 1943 zurück, als die Entscheidung getroffen wurde, die beschlagnahmten Keller der Brauerei Zipf für die Rüstungsanstrengungen des Deutschen Reiches zu nutzen. In diesen Stollen sollte ein Betrieb für die Raketentechnologie eingerichtet werden. Ziel war es, die sogenannten „Wunderwaffen V2“ zu testen, eine symbolträchtige, aber auch düstere Errungenschaft aus dieser Zeit. Die Anlagen wurden nicht nur für Tests und die Herstellung von Raketentriebwerken genutzt, sondern auch zur Entwicklung von flüssigem Sauerstoff als Treibstoff.“
Geschichte der Zwangsarbeit
Einer der einladenden Redner an diesem Tag war Adolf Grabner von der ARGE Schlier. Er gab den Teilnehmern einen eindrucksvollen Überblick über die technischen Höchstleistungen, die in diesen Stollen erzielt wurden, jedoch unter den brutalsten Bedingungen. Der Betrieb, welcher unter dem Decknamen „Schlier“ bekannt wurde, war eng mit einem Nebenlager des KZ Redl-Zipf verbunden. Die SS überließ im Oktober 1943 die ersten Häftlinge, die unter extremen Bedingungen arbeiteten. Diese Zwangsarbeiter, deren Höchstanzahl auf 1900 geschätzt wurde, hatten den entsetzlichen Auftrag, Stollen zu graben, Bunker zu betonieren und wichtige Infrastruktur wie Kabel und Eisenbahngleise zu verlegen.
Die Lebensbedingungen der Häftlinge waren katastrophal. Fehlende Nahrung und die unmenschliche Arbeit führten dazu, dass viele nicht überlebten. Die ARGE Schlier widmet sich daher der Erhaltung der baulichen Überreste dieses ehemaligen Rüstungsbetriebs und des KZ-Nebenlagers. Ihre Bemühungen sind ein wichtiger Teil der Erinnerungskultur, die sicherstellen soll, dass die Schrecken der Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten.
Besonders bemerkenswert war der Einsatz der Feuerwehrleute sowie von Dr. Ottinger, die während des Besuchs im strömenden Regen eine verletzte Seniorin schnell und professionell versorgten. Das Engagement der Helfer ermöglichte es der Seniorin, trotz der Umstände am geselligen Teil des Ausfluges im Braugasthof teilnehmen zu können. Solche Momente der Solidarität sind es, die die Gemeinschaft stärken und den Blick auf die Geschichte des Ortes humanisieren.
In Anbetracht der düsteren Vergangenheit und der Herausforderungen für die damaligen Menschen bleibt die Informationsvermittlung und das Bewusstmachen über Orte wie das Raketentestgelände von entscheidender Bedeutung. Der Seniorenbund zeigt mit seinem Besuch, dass auch die ältere Generation der Geschichte ihrer Vorfahren gedenken möchte, um aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und sie nicht zu wiederholen.