An den Ufern der kleinen gotischen Kirche in Oberrohr versammeln sich in diesen Tagen eine Vielzahl von Weißstörchen. Diese majestätischen Vögel machen sich jährlich zwischen Mitte August und Mitte September auf den Weg in den Süden. Das beeindruckende Schauspiel, bei dem sich die Störche in großen Gruppen zusammenschließen, ist nicht nur ein faszinierendes Naturschauspiel, sondern auch ein Zeichen für den nahenden Winter. Martin Hiesmayr hat kürzlich die Gelegenheit genutzt, die Störche bei ihrer Nahrungssuche auf den frisch bearbeiteten Äckern und Wiesen einzufangen, während sie nach Regenwürmern und Insekten suchten, um ihre Energiereserven für die bevorstehenden langen Flüge aufzufüllen.
Die Störche, die meisten von ihnen Erwachsene, beginnen ihre Reise gen Süden, um den winterlichen Nahrungsmangel in Europa zu entkommen. Jüngere Störche hingegen bleiben die ersten zwei bis vier Jahre im Süden, bevor sie den Rückweg in den Norden antreten, um zu brüten. Diese Wanderungen haben sich über Jahrtausende entwickelt, als sich die Störche den wechselnden klimatischen Bedingungen anpassten. Der Hauptgrund für ihre Flucht in den Süden: die winterliche Nahrungsknappheit.
Die Orientierung der Störche
Aber wie finden diese beeindruckenden Vögel ihren Weg über Tausende von Kilometern? Tagsüber orientieren sie sich an der Sonne, während sie nachts auf die Sterne angewiesen sind. Zudem nutzen sie bei schlechtem Wetter die sogenannten magnetischen Linien der Erde, die für Menschen unsichtbar, jedoch für Störche wahrnehmbar sind. Diese natürlichen Hinweise sind eine wichtige Orientierungshilfe während ihren langen Reisen.
Störche haben auch eine bemerkenswerte Flugtechnologie entwickelt, die es ihnen ermöglicht, enorme Distanzen mit möglichst geringem Energieaufwand zu bewältigen. In der Regel legen sie täglich etwa 200 Kilometer zurück und nutzen dabei thermische Aufwinde. Diese Aufwinde entstehen durch die Erwärmung der Luft an der Erdoberfläche, die es den Störchen ermöglicht, in großen Kreisen zu gleiten und dabei den Luftwiderstand zu minimieren. So können die Vögel sich ausruhen, während sie sich in den wärmsten Stunden des Tages fortbewegen, und sparen dabei Kraft für den nächsten Teil ihrer Reise.
Insgesamt steht das Sammeln der Störche in Oberrohr nicht nur für den bevorstehenden Vogelzug, sondern auch für das faszinierende Zusammenspiel von Natur und Tierverhalten. Diese beeindruckenden Zugvögel demonstrieren, wie eng verknüpft das Leben in der Natur mit den jahreszeitlichen Veränderungen ist und wie wichtig Anpassungsfähigkeit für das Überleben in der Natur ist. Jedes Jahr aufs Neue wird dieses beeindruckende Phänomen zum Symbol für den Wechsel der Jahreszeiten und erinnert uns daran, dass die Natur in ihren Zyklen unermüdlich weitergeht.