Die Wiederentdeckung eines verschollenen Kunstwerks hat für großes Aufsehen gesorgt. Während der Inventarisierung der Zeichnungen im Augustiner Chorherrenstift St. Florian wurde ein kleines Meisterwerk des Tiroler Malers Johann Jakob Zeiller aufgespürt. Es handelt sich um eine Skizze, die ein faszinierendes Stück Geschichte verkörpert.
Ursprünglich dachte man, diese Zeichnung könne einem der bekanntesten Künstler des österreichischen Barocks, Paul Troger, zugeordnet werden. Doch schnell stellte sich heraus, dass die Zuschreibung an Troger, der einst über zwei Jahrzehnte mit Stift Zwettl in Kontakt stand, nicht haltbar ist. Stattdessen entpuppte sich die Zeichnung als ein Werk eines bisher unbekannten Schülers, der um 1750 im Atelier des Meisters arbeitete und sich an den Arbeiten Trogers orientierte.
Das Geheimnis hinter der Zeichnung
Die kleine Zeichenskizze, die lediglich acht Zentimeter hoch und nur wenig breiter ist, stellt ein bedeutendes Motiv aus der österreichischen Barockmalerei dar. Auf der Fragwürdigen Skizze sind allegorische Figuren zu sehen, die Wolken umgeben, und ein Engel mit Füllhorn ist angedeutet. Sie sollte ursprünglich als Grundlage für Fresken in der Bibliothek von Zwettl dienen. Allerdings stellte sich heraus, dass die Verbindung zu diesen Fresken nicht zutreffend war.
Das aufregende an dieser Entdeckung ist, dass die Zeichnung zur Vorbereitung eines Wettbewerbs an der Wiener Akademie diente, bei dem Zeiller im Jahr 1737 unter dem Thema „Delila, wie sie Simsonen die Haar´ abschneidet“ antrat. Dieser Wettbewerb war von großer Bedeutung für den Aufstieg junger Künstler. Der Gewinner erhielt nicht nur eine Goldmedaille, sondern auch die Möglichkeit, Aufträge im gesamten Römischen Reich zu erhalten.
Zeiller, der aus Reutte in Tirol stammte, wurde in diesem Jahr der Gewinner und erhielt zahlreiche lukrative Aufträge, die den Grundstein seiner Karriere legten. Von 1748 bis 1751 malte er das größte barocke Kuppelfresko, ein Werk, das auf 1.300 Quadratmetern Hunderten von Figuren Platz bot. Das verlorene Preisstück aus dem Jahre 1737 könnte dabei eine entscheidende Rolle in seinem Schaffen gespielt haben.
Kunsthistorische Verknüpfungen
Die engen Beziehungen zwischen Zeiller und Troger werden durch das erstaunliche Timing des Wettbewerbs offenbar. 1737 arbeiteten beide Künstler zeitgleich im Waldviertel an Deckengemälden für den Grafen Kuefstein. Es ist hochgradig wahrscheinlich, dass Zeiller während dieser gemeinsamen Arbeiten Inspiration aus Trogers Konzepten und Motiven schöpfte.
Die gefundenen Skizzen zeigen faszinierende Ähnlichkeiten zu Trogers Kompositionen und werfen die Frage auf, wie stark der Einfluss des Meisters auf das Werk seines Schülers war. Insbesondere die Thronfigur mit Schnörkeln könnte eine Hommage an Trogers Sandsteinrelief „Maria, Schutzherrin der Zisterzienser“ in der Stiftskirche Zwettl sein. Hier zeigt sich also nicht nur eine Wiederentdeckung eines Kunstwerks, sondern auch ein spannendes Stück Kunstgeschichte und der Einfluss, den Meister auf Lehrlinge haben können.