BEZIRK RORBACH. Vor zwanzig Jahren trat Tschechien der Europäischen Union bei, ein Moment, der neue Hoffnungen und Herausforderungen für die Region mit sich brachte. Die anfänglichen Bedenken der heimischen Unternehmer stützten sich auf eine Angst vor einer Flut von günstigen Arbeitskräften und Produkten. Doch der Rückblick zeigt, dass viele dieser Ängste unbegründet waren und stattdessen spannende Entwicklungen folgten.
Die ersten Schritte in die europäische Zusammenarbeit wurden pragmatisch angegangen. In den Grenzregionen schlossen sich 28 Wirtschaftskammern unter dem Namen „Arge 28“ zusammen, um den Austausch mit Tschechien zu fördern. Robert Leitner, Abteilungsleiter für Wirtschaftspolitik und Außenwirtschaft der Wirtschaftskammer Oberösterreich, spielte eine Schlüsselrolle in diesen Bemühungen. Er initiierte eine Marktsondierung, um die Möglichkeiten des Beitrittskandidaten besser zu verstehen, und arbeitete eng mit dem Rohrbacher Unternehmer Manfred Stallinger zusammen, der eine umfassende lokale Kenntnis mitbrachte.
20 Jahre Austausch – eine positive Bilanz
Leitner und Stallinger, die jetzt zwei Jahrzehnte später an der Grenze zusammenkamen, um ihre Erfahrungen auszutauschen, reflektierten über den damaligen Prozess. „Die Unterschiede zwischen den Regionen waren nicht so groß, wie viele dachten“, erklärte Leitner und fügte hinzu: „Die Menschen auf beiden Seiten der Grenze sind kulturell und in ihren Bedürfnissen ähnlich gestrickt.“
Ein zentraler Punkt in ihren Gesprächen war die Wahrnehmung als gleichwertige Partner, die von Anfang an gegeben war. Diese Basis des Respekts und der Zusammenarbeit wirkte sich positiv auf die Entwicklung der wirtschaftlichen Beziehungen aus. Anfängliche Bedenken, der heimische Markt würde von ausländischer Konkurrenz überwältigt werden, entpuppten sich als unbegründet. Trotz der anfänglichen Unsicherheiten hat sich eine positive Dynamik entwickelt, die den Austausch von Dienstleistungen und Produkten förderte.
Trotz der Erfolge stellen beide fest, dass es noch Raum für Verbesserungen gibt. „Es gibt immer noch Hemmnisse, die wir abbauen müssen. Ein besserer grenzüberschreitender Austausch muss angestrebt werden“, erklärte Leitner. Stallinger ergänzte, dass der Prozess der „Abrüstung“ in den Köpfen der Menschen einen wesentlichen Teil zur Verbesserung der Beziehungen beigetragen hat. „Regionen, die einst als benachteiligt galten, haben sich in zentrale wirtschaftliche Akteure verwandelt“, sagte er.
Der Fokus hinter der EU-Erweiterung war nicht nur auf den wirtschaftlichen Nutzen gerichtet, sondern auch auf die Schaffung eines stabilen politischen Rahmens. In den letzten zwei Jahrzehnten wurde eindrücklich gezeigt, dass die Integration der Länder in die EU nicht nur zur Stabilität, sondern auch zur gegenseitigen Unterstützung und zum Wachstum beigetragen hat. Dies sollte nicht nur gefeiert, sondern auch als Auftrag für die künftige Generation verstanden werden, weiterhin Brücken zu bauen und den gemeinsamen Austausch zu intensivieren.
Ein Blick in die Zukunft
„Wenn wir die Erfolge der letzten 20 Jahre betrachten, sollten wir uns nicht auf den Lorbeeren ausruhen“, betont Stallinger. Es sei wichtig, das Engagement fortzusetzen und den Austausch in beiden Richtungen zu fördern. Die Herausforderungen ändern sich, und die Notwendigkeit eines starken Zusammenhalts wird angesichts globaler Entwicklungen immer wichtiger.
Der Weg zur zweiten Generation der Zusammenarbeit wird entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg und die Stabilität in der Region sein. Beide Partner sind sich einig, dass das Bewusstsein für die gemeinsamen Vorteile und die überbrückten Distanzen weiter geschärft werden müssen. Nur so können die anvisierten Ziele auch in den kommenden Jahren erfolgreich erreicht werden.
Die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des EU-Beitritts Tschechiens vor 20 Jahren waren sehr dynamisch. Die Osterweiterung der EU brachte nicht nur neue Mitgliedstaaten in den Verbund, sondern auch Herausforderungen und Chancen für die bestehenden Mitglieder. Das Vertrauen in ein gemeinsames Europa wurde gestärkt, während gleichzeitig bestehende Ängste vor einer möglichen Überflutung des Arbeitsmarktes und einer wirtschaftlichen Untergrabung der heimischen Industrie umgingen.
Eine Schlüsselrolle in diesem Prozess spielten die regionalen Wirtschaftskammern, die sich schnell auf die neuen Gegebenheiten einstellen mussten. Die damalige wirtschaftliche Lage in Österreich war durch eine starke Exportorientierung geprägt, und die kammerübergreifende Zusammenarbeit in den Grenzregionen zeigte sich als vorteilig. In diesem Kontext wurde die „Arge 28“ ins Leben gerufen, um eine Plattform für den Austausch und die Unterstützung von Unternehmen zu bieten, die in die neuen Märkte expandieren wollten.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen der EU-Osterweiterung
Die EU-Osterweiterung führte zu einem signifikanten Anstieg des Handelsvolumens zwischen den neuen und den alten Mitgliedstaaten. Ein Beispiel dafür ist der bilaterale Handel zwischen Österreich und Tschechien, der laut offiziellen Statistiken (Wirtschaftskammer Österreich) seit 2004 um mehr als 50 Prozent gestiegen ist. Diese Entwicklung förderte auch eine Zunahme von Investitionen, die in beiden Ländern stattfanden. Unternehmen aus Deutschland und Österreich expandierten in den tschechischen Markt, während tschechische Firmen den Zugang zu den überregionalen Märkten der EU nutzen konnten.
Ein weiterer positiver Aspekt ist die Verbesserung der Infrastruktur in Grenzregionen, die durch EU-Fördermittel unterstützt wurde. Diese Investitionen führten zu einer verbesserten Verkehrsanbindung und damit auch zu einem leichteren Zugang zu Märkten auf beiden Seiten der Grenze.
Trotz dieser positiven Entwicklungen sind auch heute noch einige Herausforderungen evident. Der Fachkräftemangel in bestimmten Branchen bleibt ein zentrales Thema, das sowohl in Tschechien als auch in Österreich angegangen werden muss. Das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit in der Arbeitskräftemobilität sind entscheidend, um die positiven Effekte der EU-Osterweiterung weiter zu fördern.