FREISTADT. Der Sozialmarkt Arcade in der Zemannstraße 35 feierte am Montag, den 19. August, sein 15-jähriges Bestehen. Obwohl es Anlass zur Freude gibt, möchte die Obfrau Elisabeth Leitner nicht von „Feiern“ sprechen. Ihrer Meinung nach sollte in einem der reichsten Länder der Welt die Existenz von Sozialmärkten überflüssig sein.
Dennoch sind die Zahlen des Sozialmarktes beeindruckend und zeugen von der Notwendigkeit seiner Arbeit. Im Jahr 2023 haben die zahlreichen Ehrenamtlichen des Marktes über 7.600 Stunden in den Dienst der Bedürftigen gestellt. Diese leisten Unterstützung für Menschen, die mit einem geringen Einkommen zurechtkommen müssen. An den Öffnungstagen besuchen bis zu 100 Kunden den Markt. Ein Blick zurück zeigt, dass vor zehn Jahren lediglich 260 Personen aufgrund ihres bescheidenen Einkommens einkaufsberechtigt waren; inzwischen ist diese Zahl auf 560 angestiegen – ein beachtlicher Anstieg um 115 Prozent.
Einblick in die Kundschaft
Die Klientel des Sozialmarktes setzt sich größtenteils aus Mindestpensionisten zusammen, wobei diese Gruppe mehr als die Hälfte der Käufer ausmacht. Ergänzt wird dieser Kreis durch alleinerziehende Eltern, geflüchtete Menschen sowie die sogenannten „working poor“, also Angestellte, deren Einkommen trotz Arbeit unterhalb der Armutsgrenze liegt. Dies verdeutlicht die wachsende soziale Ungleichheit und die Notwendigkeit für die Existenz solcher Einrichtungen.
Der Sozialmarkt Arcade wurde maßgeblich von Herbert Stummer ins Leben gerufen, dem ehemaligen Sozialstadtrat von Freistadt. Im Rahmen einer kleinen Feier, bei der auch Landesrat Michael Lindner und Landtagsabgeordneter Josef Naderer anwesend waren, wurde mehrfach an seine Pionierarbeit erinnert. „Er ist von Pontius zu Pilatus gelaufen“, berichten Weggefährten über seine unermüdlichen Bemühungen, das soziale Angebot in der Stadt zu etablieren.
Hochverdiente Auszeichnung
Elisabeth Leitner, die seit zehn Jahren an der Spitze des Sozialmarktes steht, wurde für ihren engagierten Einsatz gewürdigt. Der Landtagsabgeordnete Josef Naderer überreichte ihr, stellvertretend für den Soziallandesrat Wolfgang Hattmannsdorfer, die Humanitätsmedaille des Landes Oberösterreich. Diese besondere Auszeichnung ist ein Zeichen der Wertschätzung für die Hingabe, die Leitner und ihr Team in ihre Arbeit investieren. „Ich freue mich sehr über die Auszeichnung, die ich stellvertretend für meine tollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entgegennehme“, sagte Leitner, sichtlich berührt von der Ehrung.
Der Sozialmarkt Arcade hat sich über die Jahre als eine wichtige Anlaufstelle für Menschen in Not etabliert. Die hervorragende Arbeit, die hier geleistet wird, ist ein Zeichen von Solidarität und Unterstützung in einer Gesellschaft, die – trotz des Wohlstands – immer noch vor großen Herausforderungen steht. Der stetige Anstieg der Kundenzahlen mag bedenklich stimmen, doch gleichzeitig zeigt er auch, wie wichtig solche sozialen Einrichtungen für viele Menschen sind.
Wachsende Bedeutung sozialer Einrichtungen
Die Aufgabe von Sozialmärkten wie dem Arcade in Freistadt wird in den kommenden Jahren voraussichtlich nicht einfacher werden. Angesichts steigender Lebenshaltungskosten und einer wachsenden Zahl an Menschen, die sich in schwierigen finanziellen Lagen befinden, ist der Beitrag, den solche Märkte leisten, unverzichtbar. Dass mehr Menschen in der Not auf solche Angebote angewiesen sind, erfordert ein Umdenken in der Gesellschaft und der Politik.
Soziale Einrichtungen sind nicht nur Anlaufstellen für grundlegende Bedürfnisse, sie sind auch Orte der Begegnung und der Gemeinschaft. Der Sozialmarkt Arcade hat bewiesen, dass er nicht nur materielle Hilfe leistet, sondern auch die Gesellschaft zusammenbringt und ein Bewusstsein für soziale Probleme schafft.
Steigende Armut in Österreich
Die Situation, die der Sozialmarkt Arcade adressiert, spiegelt eine besorgniserregende Entwicklung in Österreich wider. Laut dem Armutsbericht 2022 der Armutskonferenz leben in Österreich 1,3 Millionen Menschen in Armutsgefährdung, was etwa 15 Prozent der Bevölkerung entspricht. Besonders betroffen sind Alleinerziehende, Familien mit vielen Kindern sowie ältere Menschen mit geringen Renten. Diese Statistiken unterstreichen die Bedeutung von Einrichtungen wie dem Sozialmarkt, die auch in einem wohlhabenden Land wie Österreich Unterstützung bieten.
Soziale Verantwortung und Ehrenamtliche Arbeit
Die rund 7.600 Stunden ehrenamtlicher Arbeit, die im Sozialmarkt Arcade geleistet werden, zeigen nicht nur das Engagement der Freiwilligen, sondern auch den sozialen Zusammenhalt in der Gemeinschaft. Ehrenamtliche Arbeit trägt maßgeblich zur Unterstützung von Menschen in Not bei und fördert das soziale Miteinander. In vielen sozialen Einrichtungen sind Freiwillige unerlässlich, um die Betriebskosten niedrig zu halten und eine breite Palette an Dienstleistungen anzubieten. Die wertvolle Arbeit dieser Helferinnen und Helfer darf nicht unterschätzt werden.
Vielfalt der Dienstleistungen
Der Sozialmarkt Arcade bietet eine Vielzahl von Dienstleistungen, die über den bloßen Verkauf von Lebensmitteln hinausgehen. Neben der Bereitstellung von Lebensmitteln zu reduzierten Preisen, werden auch Beratungen und Informationsveranstaltungen angeboten, um bedürftigen Personen zu helfen, sich in sozialen Systemen besser zurechtzufinden. Diese umfassende Unterstützung hat positive Auswirkungen auf das Leben der Menschen, die auf die Dienste angewiesen sind, und trägt zur Verbesserung ihrer Lebensqualität bei.
Gesellschaftliche Perspektiven
In der Öffentlichkeit wird das Thema soziale Ungleichheit oft kontrovers diskutiert. Kritiker fordern stärkere Maßnahmen der Politik, um Armut wirkungsvoll zu bekämpfen. Initiativen, wie der Sozialmarkt Arcade, fungieren als ergänzende Maßnahme zu politischen Programmen, können jedoch die systematischen Probleme nicht allein lösen. Es ist wichtig, dass mehr Ressourcen in die Armutsbekämpfung investiert werden, um eine ganzheitliche Lösung zu finden.
Unterstützungsangebote für Bedürftige
Das Angebot von Sozialmärkten und ähnlichen Einrichtungen geht über die Grundversorgung hinaus. Sie bieten auch Schulungen, Kochkurse und Budgetberatung an, um bedürftigen Familien zu helfen, ihre finanzielle Situation langfristig zu verbessern. Durch Bildungsangebote, die auf die speziellen Bedürfnisse der Klienten ausgerichtet sind, wird nicht nur unmittelbare Hilfe geleistet, sondern auch ein Ansatz zur Überwindung der Armutsfalle geschaffen.