Im Bezirk Braunau am Inn stehen die Alarmglocken hoch, wenn es um die Gewaltsituation gegen Frauen geht. Jährlich werden rund 200 Betretungs- und Annäherungsverbote erlassen, allerdings ist das nur die sichtbare Spitze eines viel größeren Problems. Der gesellschaftliche Druck, um Hilfe zu bitten, ist für viele Frauen noch immer zu groß, weshalb ein Nationaler Aktionsplan für den Gewaltschutz von der SPÖ gefordert wird.
Die Situation in Braunau ist im Vergleich zu anderen Bezirken in Oberösterreich alarmierend. Laut Ingeborg Angerer, der Obfrau des Frauenhauses Braunau, belegt der Bezirk in puncto Gewalttaten gegen Frauen häufig den vierten Platz. Viele Frauen kommen erst gar nicht in den Genuss, Hilfe zu erhalten, weil sie die Schwelle zur Behördenkommunikation nicht überschreiten. „Die Betretungs- und Annäherungsverbote sind nur das, was wir sehen. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen“, sagt Angerer.
Schutz und Unterstützung
Die Sozialstadträtin von Braunau, Martina Schäfer (SPÖ), hebt hervor, dass das Unterstützungsnetzwerk durchaus existent ist, allerdings noch viel mehr getan werden muss. Frauen, die akut gefährdet sind, können im Frauenhaus Schutz finden, das unter intensivem Polizeischutz steht. Die Betreuung im Haus ist rund um die Uhr gewährleistet, und darüber hinaus gibt es telefonische Beratungsangebote, die jederzeit verfügbar sind.
Zusätzlich bietet der Verein „Frau für Frau“ Unterstützung für Frauen in Übergangsphasen, insbesondere wenn es darum geht, wieder in den Beruf einzusteigen. Auch die Stadt Braunau beteiligt sich aktiv, indem sie Frauen Wohnungen zur Verfügung stellt. Kooperationen mit Schulen sind ebenfalls angedacht, um Gewaltschutz noch breiter zu verankern.
Aufklärung und Prävention
Ein zentrales Anliegen von Schäfer ist die frühe Aufklärung über Gewalt. „Die Gewaltprävention beginnt bereits im Kindergarten und sollte in ganz Österreich durchgeführt werden“, so ihre eindringliche Forderung. Bereits in der frühen Kindheit solle vermittelt werden, wie man Konflikte gewaltfrei löst. Das Bewusstsein dafür zu schärfen, wo Gewalt beginnt – oft sind es schon Worte – ist unerlässlich. Für Opfer bleibt es immer entscheidend zu definieren, was für sie als Gewalt empfunden wird.
Darüber hinaus fordert Angerer eine intensivere Betreuung für Täter, um den Teufelskreis der Gewalt zu durchbrechen. „Es ist wichtig, dass auch sie Unterstützung erhalten, um ein gewaltfreies Leben führen zu können“, erklärt sie. Die Gesellschaft muss hinschauen und aktiv gegen Gewalt vorgehen, das ist ihr großer Wunsch.
Der Ruf nach Veränderung
Eva-Maria Holzleitner, die Bundesvorsitzende der SPÖ-Frauen, warnt vor gravierenden Lücken im Gewaltschutz auf Bundesebene. Die steigenden Zahlen an Femiziden – Morde an Frauen, die aus Geschlechterhass begangen werden – machen einen sofortigen Handlungsbedarf deutlich. „Es muss mehr Geld in die Hand genommen werden, um solche Tragödien zu verhindern“, sagt sie und appelliert an alle beteiligten Organisationen, intensiver zusammenzuarbeiten.
Holzleitner betont, dass Gewaltschutz kein rein „weibliches“ Thema ist, sondern alle Gesellschaftsschichten betrifft. Jedes Ministerium ist gefordert, sich aktiv in die Thematik einzubringen. Ein nachhaltiger Nationaler Aktionsplan soll sicherstellen, dass die benötigten finanziellen und personellen Ressourcen bereitgestellt werden, damit der Schutz kontinuierlich verbessert werden kann. Ein konkreter Zeitplan für die Umsetzung der Maßnahmen ist ebenfalls nötig, um die Vorschläge nicht nur auf dem Papier zu belassen.
Um innovative Ansätze zu finden, blickt die SPÖ auch über die Landesgrenzen hinweg. In Spanien werden Gewalttäter mit elektronischen Fußfesseln überwacht. Diese Möglichkeit wird als ein vielversprechendes Instrument gesehen, um sowohl den Opfern als auch der Polizei Unterstützung zu bieten. Holzleitner macht deutlich, dass im Bereich Gewaltschutz keine Kürzungen erfolgen dürfen – der Schutz der Frauen steht an erster Stelle.