In einem aktuellen Prozess im Bezirk St. Pölten steht ein 20-jähriger Mann wegen des Verdachts, zahlreiche Jugendliche radikalisiert zu haben, im Fokus der Öffentlichkeit. Der Angeklagte hat laut den Behörden zwischen 2022 und 2023 versucht, mindestens drei Teenager im Alter von 13 bis 15 Jahren von der Idee zu überzeugen, sich dem bewaffneten Kampf gegen „Kāfir“ oder „Ungläubige“ anzuschließen. Dies geschah durch persönliche Ansprache in Bussen sowie in Moscheen.
Der 20-Jährige vermittelte den Jugendlichen, dass die Miliz Hamas alle Muslime im umkämpften Palästina verteidige und dass sie deshalb für einen Einsatz im Gazastreifen bereit sein sollten. Zudem lehrte er ihnen Praktiken des Islams, die der extremistischen Strömung des Salafismus zugeordnet werden. Dies umfasst unter anderem religiöse Kleidervorschriften und den Gebrauch von bestimmten Symbolen, die sich auf diese interpretationsstarke Lesart des Korans beziehen.
Vorstrafe und Wiederholungstat
Besonders brisant ist die Tatsache, dass der Beschuldigte bereits 2022 wegen der Verbreitung von Propaganda für die Terrororganisation IS zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Trotz seiner Inhaftierung setzte er seine Überzeugungen fort, indem er islamistische Zeichen in seine Zelle ritzte und versuchte, Mitgefangene zum IS zu konvertieren.
Innerhalb der letzten Monate stellte die Polizei fest, dass der Mann weiterhin Verbindungen zur extremistischen Szene pflegte. Auf seinem Handy wurden Bilder gefunden, die ihn mit dem charakteristischen „Tauhid“-Finger symbolisieren, was unter Anhängern des IS weit verbreitet ist. Auch Videos mit Inhalten des IS wurden auf seinem Mobilgerät entdeckt, was seine Behauptungen, sich von der Terrororganisation distanziert zu haben, stark in Frage stellt.
Die Auswirkungen auf die Jugendlichen
Ein zentraler Aspekt dieser Ermittlung ist die radikale Veränderung eines 15-jährigen Schülers aus St. Pölten, der den Beschuldigten als Mentor betrachtete. Die Eltern des Jugendlichen berichteten von einer alarmierenden Veränderung seines Verhaltens und ihrer Besorgnis, die im März 2023 dazu führte, dass der Vater Anzeige erstattete. Die Zeichen der Radikalisierung waren offensichtlich: Der Junge, der zuvor relativ unauffällig war, begann, regelmäßig die Moschee aufzusuchen, trug kaum mehr Alltagskleidung und kündigte an, sich von seinen früheren Freunden zu distanzieren.
Der Obmann einer St. Pöltner Moschee bestätigte, dass er ebenfalls Bedenken geäußert habe und die Polizei informierte. Während der Befragungen belasteten die Teenager den Angeklagten ernsthaft, jedoch schien es während des Gerichtsverfahrens, als könnten sich einige von ihnen an entscheidende Details nicht mehr erinnern. Dies könnte damit zusammenhängen, dass zwei der Jugendlichen selbst bald wegen anderer Straftaten vor Gericht stehen müssen.
Urteil und Ausblick
Vor Gericht bekannte sich der St. Pöltner nicht schuldig und versuchte zu relativieren, indem er sagte, er habe den Jugendlichen lediglich helfen wollen, sich vor terroristischen Gruppierungen zu schützen. Die Richterin wies jedoch seine Ausführungen zurück, da sie als nicht glaubwürdig erachtete. Entsprechend wurde der Mann wegen der Bildung einer terroristischen Vereinigung zu einer Gefängnisstrafe von fünf Jahren verurteilt. Das Gericht wies darauf hin, dass der Strafrahmen für solche Delikte zwischen einem und zehn Jahren liegt.
Für eine detaillierte Betrachtung des Falls, siehe den Bericht auf www.noen.at.
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