St. Pölten

Maria Stuart: Ein vielschichtiger Abend im Landestheater St. Pölten

Amir Reza Koohestani bringt in St. Pölten „Maria Stuart“ auf die Bühne und lässt mit nur einer Schauspielerin gleich zwei Königinnen kämpfen – ein spektakuläres, aber chaotisches Experiment!

Im niederösterreichischen Landestheater St. Pölten überraschte die Neuinszenierung von Schillers „Maria Stuart“ nicht nur durch ihre Aufmachung, sondern vor allem durch den kreativen Umgang des iranischen Regisseurs Amir Reza Koohestani mit den ikonischen Hauptrollen. Anstelle der oft gelebten Tradition, diese dramatische Auseinandersetzung zwischen zwei starken Frauen mit unterschiedlichen Schauspielerinnen zu besetzen, entschied sich Koohestani, sowohl die tragische Maria als auch die machtbewusste Elisabeth mit nur einer Schauspielerin darzustellen. Diese Entscheidung zeigt den Trend, wichtige Rollen gleich mehrfach zu besetzen, hier jedoch in einer radikalen Umkehrung.

Die Vorstellung könnte als eine interessante künstlerische Herausforderung gewertet werden, doch der Eindruck, den die Darbietung hinterlässt, ist uneinheitlich. Julia Kreusch, die in der Hauptrolle als Maria und Elisabeth auftritt, scheitert daran, die komplexen Charaktere zu verkörpern. Während Maria oft als die bedauernswerte Figur dargestellt wird, fehlt es ihrer Elisabeth an der geforderten Macht und Präsenz. Zu oft bleibt sie in einem Bild des Wehklagens gefangen, ihr finaler Monolog strotzt nur so vor Unbehagen und Überforderung statt von der kraftvollen Entschlossenheit, die man im Stück erwarten würde.

Kreative Entscheidungen und unmotivierte Effekte

In einer Inszenierung, die sowohl glamouröse als auch groteske Elemente vereint, sticht die Figur des Leicester hervor, gespielt von Clara Liepsch, die in ihrem auffälligen violetten Hosenanzug als lasziv und dynamisch beschrieben wird. Ihre Präsenz setzt einen Kontrast zur Schwäche der anderen Charaktere. Gleichzeitig wird jedoch die Entscheidung, die Rolle der Amme Hanna in zwei Dienerinnen aufzufächern, zur Frage: Bietet diese doppelte Besetzung mehr Tiefe oder lenkt sie nur von der ohnehin unklaren Dramaturgie ab?

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Die Inszenierung leidet zudem unter einem Übermaß an visuellen und auditiven Effekten. Ständig werden akustische Untermalungen durch nervöse Elektromusik und fortwährende Videoeinspielungen ergänzt, was die Zuschauer kaum zur Ruhe kommen lässt. In einem dramatischen Schlusspunkt wird das Licht in Schwarzlicht gekippt, und Elisabeth reflektiert über ihren „Albtraum“, der nun vorbei sei. Doch was wie ein befreiender Abschluss erscheinen sollte, wird in der Umsetzung nicht zum erlösenden Moment, sondern bleibt ein schwaches Echo der dringend benötigten Intensität des Abends.

Die Kombination aus den unmotivierten Regieelementen und der schwachen Darstellung der Hauptfiguren lässt vermuten, dass die Inszenierung weniger auf der klassischen Erzählweise fußt, als vielmehr auf einem Experiment, das allerdings in der Umsetzung viel an Wirksamkeit verliert. Die Entscheidung, die beiden Königinnen einer einzigen Darstellerin zu übertragen, könnte als ambitioniert gelten, doch ohne ein klares Konzept und eine tiefere Auseinandersetzung bleiben die Charaktere unausgegoren und flach. Ein eindringlicher Aufruf an die Regisseure der Zukunft: Überlege man, wie man die vielschichtigen und konträren Naturelle, die Maria und Elisabeth verkörpern, adäquat zur Geltung bringen kann. Denn eine schwache Interpretation kann den wertvollsten Geschichten nichts als schwindelerregende Narben verleihen.

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