Im österreichischen Korneuburg sorgte ein Prozess um schweren sexuellen Missbrauch von Unmündigen für Aufsehen. Ein 22-jähriger Mann aus dem Gemeindegebiet Retz sah sich schweren Vorwürfen gegenüber, die sich im Kern um Chats mit zwei minderjährigen Mädchen drehten, die über Social Media kommunizierten. Diese Ereignisse ereigneten sich am 2. September des vergangenen Jahres und erregten nicht nur die Aufmerksamkeit der Justiz, sondern auch ein breiteres Publikum aufgrund der Delikatsheit des Themas.
Die Anklage wurde aufgrund der Ernsthaftigkeit der Vorwürfe durch einen großen Schöffensenat, bestehend aus zwei Berufsrichtern und zwei Laienrichtern, verhandelt. Der vorsitzende Richter, Martin Bodner, stellte die Frage, ob der Angeklagte wusste, dass er mit Kindern kommunizierte und ob es ihm bewusst war, dass er Minderjährige kontaktierte. Diese Fragen wurden auch vor dem Hintergrund des rechtlichen Terminus des subjektiven und objektiven Tatvorwurfs betrachtet, was für Juristen von großer Bedeutung ist.
Komplexität der Glaubwürdigkeit
Die Verteidigungsstrategie, vertreten durch den Anwalt Herwig Ernst, konzentrierte sich stark auf die Glaubwürdigkeit der Beweismittel. Dabei stellte Ernst fest, dass das Geburtsdatum der älteren der beiden Mädchen im Profil, mit dem sein Mandant chattete, als 2004 angegeben war. In seiner Argumentation wies er darauf hin, dass Erwachsene in der digitalen Welt oft unverantwortlich handeln. „Was Erwachsene unter sich so alles machen, ist ja bis zu einem gewissen Punkt nicht strafbar“, erklärte er.
Die Aussagen der Mädchen verliefen jedoch nicht wie erhofft und weckten mehr Fragen als Antworten. Die jüngere der beiden Schwestern beschrieb den Vorfall als „Spiel“ und schien nicht zu begreifen, wie ernst die Situation war. Ihre ältere Schwester, die eine aktivere Rolle im „Spiel“ einnahm, war dagegen wenig kooperativ und gab selten Auskunft. Jugendanwältin und Mutter bestätigten, dass sie für ihre Tochter ein „irgendwie zugewiesenes“ Geburtsdatum verwendet hatten, während sie durch die Handys der Mädchen verstörende Suchbegriffe fanden.
Fehlende Beweise und Auswirkungen auf den Prozess
Ein entscheidender Punkt im Verfahren war, dass die Mobiltelefone der Kinder nicht vollständig ausgewertet wurden. Dies verzögerte den Prozess über zwei Verhandlungstage. Der Verteidiger beantragte, dass die Anmeldedaten und Altersangaben der ermittelten Chats ausgelesen werden sollten. Doch letztendlich stellte sich heraus, dass die Chatverläufe gelöscht worden waren, was die Staatsanwaltschaft in eine schwierige Lage brachte.
Der Staatsanwalt Lambert Schöfmann musste schließlich eingestehen, dass die Beweisergebnisse nicht ausreichten, um einen belastenden Fall zu konstruieren. In seinem Schlussplädoyer wies er auf die spärlichen Ergebnisse hin, was der Verteidigung in die Karten spielte. Ernst erkannte die Fehler seines Mandanten an und äußerte, dass dessen Verhalten fahrlässig gewesen sei. In der abschließenden Urteilsbegründung hob Richter Bodner hervor, dass man im zwischenmenschlichen Bereich nicht alles ausreizen sollte, was die sozialen Netzwerke erlauben.