In der Region rund um den Neusiedler See zeichnet sich eine spürbare Debatte über den Umgang mit Wasserknappheit und den Klimawandel ab. Insbesondere die geplante Zuleitung von Donauwasser in die trockenen Gebiete zwischen Burgenland und Niederösterreich hat für Aufregung gesorgt. In einer gemeinsamen Erklärung forderte die Umweltschutzorganisation WWF naturbasierte Lösungen als Antwort auf die Herausforderungen, die der Klimawandel mit sich bringt, anstatt neue technische Lösungen zu implementieren. Der WWF-Biologe Bernhard Kohler warnte vor der bevorstehenden Gefahr von Dürre und Hochwasser in einer Region, die durch extremistisches Wetter geprägt sein könnte.
„Die Klimakrise führt nicht nur zu häufigeren Trockenphasen, sondern auch zu intensiveren Niederschlägen und Überschwemmungen. Wir müssen Wasser in der Landschaft halten, anstatt es nur umzuleiten“, erklärte Kohler. Diese Worte verdeutlichen die Notwendigkeit, natürliche Rückhalteräume wie Flussauen, Sümpfe und Moore, die in den vergangenen 100 Jahren stark reduziert wurden, wiederherzustellen.
Risiken der Donauwasser-Zuleitung
Die Zuleitung von Donauwasser könnte sich nach Ansicht des WWF negativ auf den Neusiedler See auswirken. Kohler warnte, dass die Überleitung von salzhaltigem Wasser zu einer Verdünnung des wertvollen Salzes im See führen könnte. Diese Veränderung wird als ernsthafte Bedrohung für die dortige Ökologie betrachtet. „Die Zuleitung würde die gefährdeten Salzbestände weiter verringern und den See somit seiner natürlichen Eigenschaften berauben“, so Kohler. Seit dem Bau des Einserkanals vor mehr als einem Jahrhundert hat die Aussüßung des Sees bereits begonnen, und dieser Prozess könnte durch zusätzliche Zuleitungen beschleunigt werden.
Darüber hinaus zeigen die Untersuchungsergebnisse der Landesregierung, dass eine Zuleitung nur begrenzt vertretbar ist. Laut Kohler würde der geplante Kanal den Seespiegel nur um etwa zehn Zentimeter jährlich heben. Bei entsprechenden Wetterbedingungen könnte der Wasserspiegel jedoch innerhalb von nur zehn Tagen um denselben Betrag sinken, was den Effekt der Zuleitung ad absurdum führen würde.
Die Grünen Burgenland unterstützen ebenfalls die skeptischen Stimmen zu diesem Projekt. Landtagsabgeordneter Wolfgang Spitzmüller merkt an, dass der Neusiedler See nicht willkürlich „ein- und auszulassen“ ist wie eine Badewanne. „Es muss eine detaillierte Prüfung der Auswirkungen auf die chemische Zusammensetzung des Wassers erfolgen“, so Spitzmüller. Der Salzhaushalt des Sees ist fein abgestimmt, und jede Zuleitung könnte irreversible Folgen für den See und seine Umgebung haben.
Der WWF fordert daher einen Umdenkprozess: Den Stopp der gängigen Entwässerungspraxis, ein Ende der übermäßigen Bodenversiegelung und die Rückführung von Regenwasser in die natürlichen Wasserspeicher. Der Neusiedler See könnte durch diese Maßnahmen zu einem nachhaltigen und naturorientierten Wassermanagement zurückkehren. „Statt künstlicher Lösungen sollten wir die natürlichen Gegebenheiten stärken“, fordert Kohler.
Zusätzlich sollten die Studien aus den letzten Jahrzehnten genutzt werden, um die tatsächlichen Auswirkungen potenzieller Wassereinleitungen auf den Neusiedler See zu evaluieren. Eine solche Vorgehensweise würde nicht nur der Umwelt dienen, sondern auch den Menschen, die auf die Stabilität dieses Ökosystems angewiesen sind. Der WWF und die Grünen appellieren an die Entscheidungsträger, die langfristigen Auswirkungen sorgsam zu prüfen und dabei das Wohl des Ökosystems in den Vordergrund zu stellen, anstatt sich kurzfristige technische Lösungen zu wünschen.