Im ersten Halbjahr 2024 wurden in Baden-Württemberg alarmierende 267 Angriffe auf kommunale und politische Mandatsträger registriert, was eine Steigerung von 54 Prozent im Vergleich zum Vorjahr darstellt. Innenminister Thomas Strobl (CDU) sieht in dieser Entwicklung eine besorgniserregende „Verrohung der Gesellschaft“. Die Zunahme der Gewalt und der Anfeindungen, insbesondere während der Wahlkampfzeit, wirft ein grelles Licht auf die gegenwärtige politische Stimmung im Land.
Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Neben den expliziten Straftaten, wie Beschimpfungen im Internet und physischen Übergriffen, fällt auch der Rückgang des Respekts gegenüber politischen Akteuren ins Gewicht. Die Intensität der politischen Auseinandersetzungen – insbesondere bei bevorstehenden Wahlen – führt zu einem Klima erhöhter Spannungen und Aggressionen, was Innenminister Strobl als alarmierend empfindet. Er betont, dass sich die steigende Gewalt nicht nur gegen Politiker, sondern auch gegen Polizisten und andere öffentliche Dienstleister richtet. „Respekt schlägt ihnen zunehmend Hass und Hetze entgegen,“ erklärt er.
Gefährdung der Demokratie
Besonders brisant ist die Tatsache, dass diese Entwicklung die Willingness der Menschen beeinflusst, sich politisch zu engagieren. Strobl warnt, dass immer mehr Menschen von einem politischen Amt Abstand nehmen oder sich nicht mehr zur Wiederwahl stellen, aus Angst vor Angriffen. „Wenn Bürger sich nicht mehr trauen, ihre demokratischen Rechte wahrzunehmen, dann müssen bei allen die Alarmglocken läuten,“ betont der Minister und unterstreicht damit die erheblichen Risiken für die demokratischen Grundlagen der Gesellschaft.
Der baden-württembergische Gemeindetag fordert seit Jahren eine Verschärfung der gesetzlichen Strafen für Übergriffe auf Politiker. Präsident Steffen Jäger formuliert es deutlich: Es dürfe keinen rechtsfreien Raum für Hass und Hetze geben, auch nicht im digitalen Raum. Der Schutz von Politikern befinde sich in einer kritischen Phase, und effektive Maßnahmen seien dringend nötig.
Das Thema Gewalt gegen kommunale Mandatsträger ist kein isoliertes Phänomen. Im Kontext dieser Thematik gewinnt auch der Schutz von Polizei und anderen Einsatzkräften an Bedeutung. Über 13.000 Angriffe auf Polizeibeamte wurden im vergangenen Jahr in Baden-Württemberg verzeichnet. Die Landesregierung hat auf diese Situation reagiert und ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung des Schutzes von Personen im öffentlichen Dienst beschlossen. Ziel ist, präventive Schritte zu unternehmen, um der ansteigenden Gewaltspirale entgegenzuwirken und die Sicherheit der Beamten zu gewährleisten.
Diese Problematik wurde nun auch auf der nationalen Ebene adressiert. Ein Gesetzentwurf, der vom Bundeskabinett auf den Weg gebracht wurde, zielt darauf ab, die Nötigung von politisch Engagierten stärker unter Strafe zu stellen. Politische Auseinandersetzungen befinden sich in einem kritischen Zustand; deshalb sind sowohl lokale als auch bundesweite Maßnahmen gefordert, um den Schutz der politischen Akteure zu garantieren und das Vertrauen in die demokratischen Strukturen zu stärken.