Die aktuelle Wirtschaftslage in Deutschland stellt Experten vor große Herausforderungen. Das Ifo-Institut hat seine Erwartungen an die wirtschaftliche Entwicklung drastisch nach unten korrigiert. In einer am Donnerstag veröffentlichten Prognose wird vermeldet, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr voraussichtlich stagnieren wird, anstatt zu wachsen. Ursprünglich war man im Juni noch von einem Wachstum von 0,4 Prozent ausgegangen.
Besorgniserregend sind die diversen wirtschaftlichen Indikatoren, die auf eine bestehende Schwäche in der deutschen Wirtschaft hinweisen. Timo Wollmershäuser, der Leiter des Ifo-Instituts, äußert sich besorgt über die stagnierenden Investitionen, insbesondere im Industriesektor, und beschreibt die aktuelle Lage als „Flaute“. Wollmershäuser prognostiziert für 2025 ein weiteres Absenken des Wachstums von 1,5 auf 0,9 Prozent. Ein Lichtblick könnte für 2026 bestehen, wenn ein Anstieg von 1,5 Prozent in Aussicht steht.
Investitionsmangel und Unsicherheit
Ein zentraler Punkt der Ifo-Prognose ist das anhaltende Problem der Investitionsresistance in der deutschen Industrie. „Es werden zu wenig Investitionen getätigt und die Produktivität stagniert seit Jahren“, so Wollmershäuser. Der Grund liege nicht nur an der wirtschaftlichen Unsicherheit, sondern auch an strukturellen Veränderungen. Die Sparquote der Deutschen hat mittlerweile 11,3 Prozent erreicht und liegt damit über dem Zehnjahresdurchschnitt von 10,1 Prozent vor der Coronapandemie. Dies deutet darauf hin, dass Bürger eher zum Sparen neigen, anstatt ihr Geld auszugeben.
Die Ifo-Analysen zeigen, dass Deutschland mit einer wohl strukturellen Krise kämpft. Dies äußert sich in einer schlechten Auftragslage und sinkendem Konsum, obwohl die Kaufkraft der Bevölkerung teils angestiegen ist. Wollmershäuser fügt hinzu, dass die Gesellschaft älter wird und immer weniger Menschen aktiv im Arbeitsmarkt stehen, was die wirtschaftliche Dynamik weiterhin negativ beeinflusst.
Branchenspezifische Auswirkungen
Besonders stark betroffen zeigt sich das Baugewerbe, dessen Leistung in diesem Jahr um 3,1 Prozent voraussichtlich sinken wird, während auch in der Industrie ein Rückgang um 2,0 Prozent bevorsteht. Der wirtschaftliche Druck ist durch verschiedenste Faktoren hervorgerufen: Die Herausforderungen der Dekarbonisierung, die fortschreitende Digitalisierung, der demografische Wandel sowie die Nachwirkungen der Corona-Pandemie und die steigenden Energiepreise setzen den Unternehmen stark zu. Diese Entwicklungen zwingen die Geschäftswelt dazu, ihre Produktionsmethoden zu überdenken und anzupassen.
Im Gegenzug gibt es auch positive Nachrichten. Die Inflation wird voraussichtlich weiter zurückgehen. Lag die Inflationsrate in 2023 noch bei 5,9 Prozent, wird ein Rückgang auf 2,2 Prozent prognostiziert. Auch für die kommenden Jahre erwarten Analysten sinkende Werte von 2,0 und 1,9 Prozent. Dieser Rückgang könnte als Schritt in die richtige Richtung angesehen werden, um den Menschen ein Gefühl von finanzieller Stabilität zurückzugeben.
Allerdings wird auch die Arbeitslosenquote, die 2023 noch bei 5,7 Prozent lag, in diesem Jahr auf 6,0 Prozent ansteigen, bevor sie sich wieder stabilisieren soll. Zudem wird für 2023 ein Defizit im Staatshaushalt von etwa 2,0 Prozent der Wirtschaftsleistung prognostiziert, was belegt, dass auch die öffentliche Haushaltslage unter Druck steht.
Die Zukunft bietet daher sowohl Lichtblicke als auch herausfordernde Faktoren. Die deutsche Wirtschaft benötigt dringend frische Impulse und Investitionen, um aus der derzeitigen Stagnation herauszukommen. Experten halten es für unerlässlich, die strukturellen Probleme anzugehen und die Unsicherheit bei den Investoren abzubauen, um eine Rückkehr zu einem stabilen und nachhaltigen Wachstum zu ermöglichen.