Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) steht in den kommenden Wochen im Mittelpunkt mehreren hochaktueller Themen, die nicht nur rechtliche, sondern auch gesellschaftliche Brisanz aufweisen. Die anstehenden Beratungen während der Herbstsession treten in einen breiteren Kontext der öffentlichen Debatte über die Unabhängigkeit von Institutionen, die Wissenschaftsfreiheit sowie Fragen der Asylpolitik.
Ein zentrales Thema wird die Kontrolle über benötigte ORF-Organe sein. Unter anderem wird der Presseclub Concordia die Verhandlungen anstoßen, indem er feststellt, dass es mehrere Verstöße gegen das ORF-Gesetz gibt. Medienministerin hat Personen als Publikumsräte bestellt, welche die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllen, was auch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Dadurch könnte die Verfassung des ORF und dessen Unabhängigkeit in Frage gestellt werden, und diese Diskussion hat bereits in der früheren Berichterstattung viel Aufmerksamkeit erregt.
Kontroversen um die Islam-Landkarte der Uni Wien
Ein weiterer Streitpunkt dreht sich um die von der Universität Wien entwickelte „Islam-Landkarte“. Diese interaktive digitale Karte zeigt Standorte muslimischer Einrichtungen und bietet Informationen dazu an. Die Veröffentlichung dieser Daten hat allerdings zu einer rechtlichen Auseinandersetzung geführt. Ein Beschwerdeführer argumentiert, dass das Recht auf Privatsphäre und Geheimhaltung verletzt sei, da einige der entsprechenden Adressen nicht öffentlich zugänglich sind. Die Uni Wien hingegen beteuert, dass alle Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen und somit alle rechtlichen Rahmenbedingungen erfüllt werden.
Diese Situation wirft größere Fragen über die Grenzen von Forschung und der Freiheit der Wissenschaft auf, die vom Bundesverwaltungsgericht (BVwG) thematisiert wurden. Dort wird das Recht auf Meinungsäußerung und der akademischen Freiheit berücksichtigt, was letztlich die Legitimität des Projekts betrifft. Das Ergebnis dieser Beratungen könnte erhebliche Auswirkungen auf die Art und Weise haben, wie ähnliche Forschungsprojekte in Zukunft durchgeführt werden.
Abschiebungen und Asylfragen im Fokus
Ein weiteres wichtiges Thema, das auf der Tagesordnung des VfGH steht, sind die bevorstehenden Maßnahmen zur Abschiebung von Asylsuchenden, konkret von Syrern. Hierbei werden Fälle behandelt, in denen Anträge abgelehnt wurden, obwohl die Sicherheitslage in den Herkunftsregionen als verbesserungswürdig angesehen wird, wie im Fall eines Syrers aus Damaskus. Solche Entscheidungen haben weitreichende rechtliche Implikationen und werfen Fragen über die Berücksichtigung individueller Schutzziele auf.
Die Verfahren, in denen abgelehnte Asylanträge angefochten werden, verweisen auf die Vorgehensweisen in anderen europäischen Ländern. Eine Syrerin, deren Antrag abgelehnt wurde, bekam als Begründung, dass sie bereits in Bulgarien den Status einer subsidiär Schutzberechtigten erlangt hatte, was abschließend zu einer Verwobenheit von nationalen und internationalen Asylregeln führt.
Schließlich wird erneut auch das Thema der Grenzkontrollen thematisiert, speziell die an der Slowenischen Grenze zwischen 2021 und 2022. Ein Beschwerdeführer, der eine Geldbuße für die Nichtbeachtung der Grenzkontrolle erhalten hat, prüft die Verfassungsmäßigkeit dieser Maßnahme. Hier wird die Frage aufgeworfen, ob es die gesetzlichen Voraussetzungen für eine derartige Kontrolle gab, und ob die Maßnahmen im Einklang mit den bestehenden Rechtsnormen im Schengenraum stehen.
Ein weiteres Thema dieser Sitzung ist die Sterbehilfe, die am 19. September in einer öffentlichen Verhandlung erneut behandelt wird. Ein Verein und mehrere Einzelpersonen, darunter medizinisch schwer Erkrankte, haben beantragt, bestimmte Bestimmungen des Sterbeverfügungsgesetzes und des geänderten Strafgesetzbuches aufzuheben. Diese Anträge sind Teil der breiter gefassten Diskussion um die individuelle Selbstbestimmung und die ethischen Dimensionen von Sterbehilfe und Suizidhilfe.