In der österreichischen Telekommunikationslandschaft gibt es neuen Aufwind in einer bereits langanhaltenden Diskussion. Seit 2011 nutzen die Anbieter wie A1, Magenta und Drei sogenannte „Servicepauschalen“, um bestimmte Zusatzleistungen pauschal abzurechnen. Doch ein wegweisendes Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) zum Thema Servicepauschale, das Ende 2022 die Praxis eines Fitnesscenters kippte, hat die Branche in Aufruhr versetzt. Plötzlich sahen sich die Telekom-Anbieter mit Klagen von Kunden konfrontiert, die von den Wiener Bezirksgerichten in ihren Forderungen recht gegeben bekamen. Dies führte dazu, dass in den neuen Verträgen mittlerweile die Servicepauschalen nahezu überall fehlen.
Diese Situation hat auch den Markt für Anwälte aufgemischt, die sich auf derartige rechtliche Auseinandersetzungen spezialisiert haben. Ein definitives Präzedenzurteil, das auf die Telekom-Branche anwendbar wäre, steht jedoch noch aus. Dies könnte sich bald ändern, da die Arbeiterkammer bereits zu Jahresbeginn eine Verbandsklage eingereicht hat. Die Neugier auf die rechtlichen Folgen und möglicherweise anstehende Rückzahlungen steigt.
Die finanziellen Dimensionen
In Anbetracht der möglichen finanziellen Belastungen, die von Schätzungen zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro sprechen, haben die Geschäftsführer von A1, Magenta und Drei gemeinsam ihre Sorgen in der Öffentlichkeit geäußert. „Wir brauchen einen rechtssicheren Boden“, betont Rudolf Schrefl, der Geschäftsführer von Drei. Seine Ansprüche richten sich auch an die Politik und die Justiz, die für die Rechtssicherheit sorgen sollen. Magenta-Chef Rodrigo Diehl fügt hinzu, dass allein seine Firma im vergangenen Jahr eine Milliarde Euro in die Infrastruktur investiert habe, mit dem Ziel, bis 2030 insgesamt zehn Milliarden Euro zu investieren. Diese Pläne sind jedoch an die Bedingung geknüpft, dass ein gewisses Maß an Investitions- und Rechtssicherheit vorherrscht, wie A1-Chef Marcus Grausam hervorhebt.
Sollten die Gerichte tatsächlich Rückzahlungen anordnen, könnte dies die Tarife für die Konsumenten erheblich verändern. „Am Ende zahlt der Verbraucher“, warnt Klaus Steinmaurer, der Chef der Regulierungsbehörde RTR. Er verweist darauf, dass die Regulierung der Branche vor mehr als einem Jahrzehnt bereits auf die Problematik aufmerksam gemacht und zusammen mit dem Verbraucher-Interessensverband VKI sowie der Arbeiterkammer entsprechende Maßnahmen ergriffen hat.
Das Stichwort „Rechtssicherheit“ zieht sich wie ein roter Faden durch die Argumentation der Telekom-Anbieter. Sie sehen sich nicht nur den rechtlichen Risiken gegenüber, sondern auch einem potenziellen Masseneffekt, der ihre Investitionen und zukünftigen Planungen gefährden könnte. Die Offenheit der Geschäftsführer, ihre Bedenken in der Öffentlichkeit zu äußern, zeigt, wie dringend sie sich Unterstützung von Seiten der Gesetzgeber wünschen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die juristischen Auseinandersetzungen weiterentwickeln und welchen Einfluss das auf die Verbraucher haben wird. Die Ergebnisse dieser Verfahren könnten weitreichende Folgen für die gesamte Branche in Österreich haben.