Die Diskussion über die zunehmende Ungleichheit im österreichischen Gesundheitssystem wird immer lauter. Besonders die SPÖ hebt hervor, dass die Kluft zwischen Kassenärzten und Wahlärzten immer deutlicher wird. In einer umfassenden Anfragenserie an Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) stellt die Partei fest, dass bestimmte Fachrichtungen, vor allem die Kinderheilkunde, Gynäkologie und Allgemeinmedizin, von einem dramatischen Rückgang der Kassenärzte betroffen sind. Dem Gegenteil steht jedoch ein erheblicher Anstieg der Zahl von Wahlarztbesuchen gegenüber, was die Sorgen der Opposition umso mehr verstärkt.
Die Antwort des Gesundheitsministeriums auf diese Anfragen zeigt alarmierende Zahlen. Seit dem Jahr 2017 hat die Anzahl der Kassenärzte trotz eines Anstiegs der Bevölkerung um etwa 337.700 Personen um 128 abgenommen, während die Kinderärzte um 13 reduziert wurden. Obwohl es bei Frauenärzten eine leicht positive Entwicklung gibt, wird das durch einen mutmaßlichen Datenfehler, insbesondere in Oberösterreich, in Frage gestellt. Philip Kucher, der Gesundheitssprecher der SPÖ, äußerte scharfe Kritik: „Unser Gesundheitssystem wird immer schlechter statt besser. Die nächste Wahl wird eine Richtungsentscheidung.“
Unbesetzte Stellen und steigende Wahlarztrechnungen
Die Zahlen sind nicht nur für Kassenstellen besorgniserregend. Aktuell sind in den betroffenen Fachbereichen insgesamt 104 Planstellen unbesetzt. Während in Kärnten alle Stellen besetzt sind, stehen in der Steiermark 21 und in Niederösterreich 31 Positionen leer. Diese Situation verschärft das Problem der Überlastung der bestehenden Ärzte, die zunehmend mehr Patienten versorgen müssen. Die Gesundheitskasse bestätigte diesen Trend auf Anfrage und wies darauf hin, dass die Kassenstellen nur steigenden Druck auf die verbliebenen Ärzte ausüben.
In der Zwischenzeit zeigt der Trend zu Wahlärzten ebenfalls besorgniserregende Zuwächse. Bei den Refundierungsanträgen für Wahlarztbesuche gab es massive Anstiege – seit 2017 verzeichnete die Allgemeinmedizin ein Plus von 37 Prozent, Gynäkologen standen um 32 Prozent besser da und in der Kinderheilkunde gibt es sogar eine gewaltige Steigerung von 80 Prozent. Diese statischen Verschiebungen sind nicht nur für die Politiker von Bedeutung, sondern betreffen direkt die Patienten, die sich oft in eine Zwei-Klassen-Medizin gedrängt fühlen.
Ein weiterer Lichtblick könnte die Anhebung der Kassenstellen im Rahmen des Finanzausgleichs sein. Vor einem Jahr wurde eine Einigung erzielt, die den Krankenkassen zusätzliche Mittel in Höhe von 300 Millionen Euro sicherte. Es wird derzeit an einem neuen Strukturplan gearbeitet, der die zukünftige Verteilung der Kassenstellen regeln soll. Angesichts der demographischen Entwicklung und der altersbedingten Anstiege in der Bevölkerung ist eine solche Maßnahme notwendig, um eine angemessene medizinische Versorgung für alle sicherzustellen. Doch ob diese Bemühungen ausreichen, um die bestehenden Probleme wirksam zu beheben, bleibt abzuwarten.