In den Jahren 2021 und 2022 erlebte Österreichs Start-up-Szene einen regelrechten Boom. Besonders im Bereich der Finanzierungen konnte ein Rekord nach dem anderen aufgestellt werden. Doch nach diesem Höhenflug kam es jedoch zu einem markanten Rückgang, der auch international spürbar war. Der aktuelle Bericht des Beratungsunternehmens EY bringt es auf den Punkt: Der global beobachtete Trend „Back to the Old Normal“ zeigt sich nun auch in Österreich. Das bedeutet, dass sich die Start-up-Finanzierungen auf ein Niveau einpendeln, wie es vor der Hochphase war.
Das EY-Barometer spricht von einer herausfordernden Situation für die österreichischen Start-ups. Die Zurückhaltung bei Wachstumsfinanzierungen ist deutlich spürbar. Trotz dieser starren Verhältnisse gibt es Hoffnungsschimmer. Immer mehr Start-ups haben in den letzten Jahren ihre Geschäftsmodelle überarbeitet und stellen Profitabilität sowie Resilienz in den Vordergrund. Dies wird von den Experten als Grund zur Zuversicht angesehen.
Professionalisierung der Start-ups
Eine zentrale Stimme in der Szene ist Jasper Ettema, der in den Niederlanden aufgewachsen ist und mittlerweile als ausgewiesener Insider der steirischen Start-up-Welt gilt. Er hat mehrmals selbst gegründet und ist jetzt als Experte auf Tour, um Gründerinnen und Gründern das Thema Finanzierung näher zu bringen. Während der ersten „Fundraising Summer School“ am Grazer Start-up-Zentrum Unicorn, initiiert von Ettema, arbeitete eine Gruppe von Spezialisten eine Woche lang mit zehn verschiedenen Start-ups zusammen, um Unternehmensstrategien zu entwickeln und sie auf kommende Finanzierungsrunden vorzubereiten.
„Es gibt eine gewisse Bringschuld der Start-ups, wenn es darum geht, Kapital von Investoren zu akquirieren“, betont der Unicorn-Chef Bernhard Weber. Viele Start-ups müssen sich weiter professionalisieren, und Formate wie die Summer School sollen dabei helfen. Dieses Angebot wurde ins Leben gerufen, um eine gezielte Unterstützung für Gründer:innen zu bieten.
Verständnis für Finanzierungsbedarfe
In der nächsten Phase der Unterstützung ist es entscheidend, dass Start-ups eine Selbstreflexion durchführen. Jasper Ettema erklärt: „Wichtige Fragen sind: Wo stehe ich? Wie viel Geld brauche ich eigentlich, und welche Quellen gibt es dafür?“ Eine erfolgreiche Gründung hängt nicht nur von der Geschäftsidee ab; auch die Entwicklung einer unternehmerischen „Gründerfähigkeit“ ist entscheidend.
Es gibt nicht den einen Weg zur Kapitalbeschaffung; der Erfolg ist von vielen Faktoren wie Branche, Team, Strategie und Timing abhängig. Investorin Laura Raggl, die im Juli 2022 ROI Ventures mitbegründet hat, bestätigt diese Ansicht. Ihr Unternehmen hat mittlerweile über 15 Start-ups im Portfolio. Raggl betont: „Wir investieren in gute Teams“ – speziell in solche, die aus zwei bis drei Gründer:innen bestehen, die sich voll und ganz ihrer Idee widmen.
Ein technischer Gründer im Team ist für Raggl „sehr wichtig“. Aber auch der richtige Zeitpunkt zum Investieren spielt eine Rolle. Sie erwartet, dass ein Start-up zwischen sechs Monaten und einem Jahr alt ist und idealerweise erste Kunden vorweisen kann. Der Investmentmarkt zeigt sich zwar zurückhaltend, doch Raggl bleibt optimistisch: „Als gutes Team bekommt man aktuell sicher ein Funding.“ Der Schlüssel zur Finanzierung liegt also nicht nur in einer cleveren Idee, sondern vor allem in einem starken Team, das abliefern kann.