Die Kunst der Namensgebung ist ein faszinierendes, oft übersehenes Feld der Kulturwissenschaften. Im Mittelpunkt dieser Entdeckung stehen geographische Namen, die als „verdichtete Erzählungen“ gelten. Diese Namen machen nicht nur auf besondere Merkmale des geographischen Raumes aufmerksam, sondern sie reflektieren auch die Denkweise und Kultur der Menschen, die sie geprägt haben. Der bevorstehende Vortrag von HR Prof. h.c. Univ.-Doz. Dr. Peter Jordan am 5. September 2024 im Gailtalmuseum wird diese Aspekte vertiefen.
Jordan wird durch lebendige Beispiele aus Kärnten, dem Kanaltal und anderen Teilen Mitteleuropas veranschaulichen, wie geographische Namen sowohl Information als auch Geschichte transportieren. Diese Namen sind oft alt und stammen aus verschiedenen sprachlichen Epochen. Sie überliefern uns nicht nur, wie eine bestimmte Landschaft heißt, sondern auch welche Eigenschaften oder Ereignisse die Menschen dort bewegten. Daher tragen geographische Namen eine Schicht kultureller Identität in sich.
Die Geschichten hinter den Namen
Bei der Betrachtung der geographischen Objekte, wie Flüsse oder Berge, sind es insbesondere die beschreibenden Namen, die uns vor Augen führen, dass jeder Name offenbar mit Bedacht gewählt wurde. Der Name könnte ein charakteristisches Merkmal der Landschaft betonen. Doch die geheime Erzählung geht noch weiter: Sie gibt uns Einblick in die sozialen und kulturellen Gegebenheiten der Namensgeber. Was war den Menschen in der Vergangenheit wichtig, und welche Wahrnehmungen hatten sie von ihrer Umgebung?
Geographische Namen können auch als Schlüssel zur Kulturgeschichte angesehen werden. Sie versetzen uns in die Lage, die verschiedenen Sichtweisen früherer Gemeinschaften – von Ackerbauern über Hirten bis zu Seefahrern – zu verstehen. Zugleich stellt sich die Frage, wie diese Perspektiven in den Namen niedergeschrieben wurden und welche Schlüsse wir daraus ziehen können. Müller und Metzehtanz im Berggebiet nannten ihre Felder ganz anders als Seefahrer, die vom Meer geprägt waren. Diese Unterschiede bieten uns wichtige Anhaltspunkte für das Verständnis der regionalen Kulturen.
Kulturelle Identität in der Gegenwart
Ein anderer spannender Aspekt des Themas ist die Rolle der geographischen Namen und Sichtschriften in der modernen Gesellschaft. Sie können Aufschluss über die kulturelle Einstellung einer Gemeinschaft geben. Fragen wie: Ist unsere Gesellschaft integrativ? Akzeptiert sie Minderheiten und respektiert sie frühere Kulturen? sind hier von Bedeutung. Namen und Aufschriften, die aus einer inzwischen verstummten Sprache stammen, bieten nicht nur einen historischen Kontext, sondern zeugen auch von einer gewissen Toleranz gegenüber früheren Kulturen. Ihre Erhaltung kann als ein Zeichen der Wertschätzung interpretiert werden.
Der Erhalt und die Integration von historischen Namen in neue offizielle Beschilderungen werden zunehmend wichtiger, um ein multikulturelles Bewusstsein zu fördern. Wenn wir die Sprachen und Traditionen von Minderheiten anerkennen, bündeln wir nicht nur kulturelles Erbe, sondern schaffen auch ein harmonisches Miteinander. Diese sprachlichen Elemente helfen, eine Gemeinschaft zu formen, die stolz auf ihre Wurzeln ist.
Peter Jordan, ein renommierter Experte auf diesem Gebiet, hat während seiner langen Karriere bedeutende Beiträge zur Kulturgeographie, Toponomastik und Ethnologie geleistet. Seit vielen Jahren setzt er sich dafür ein, die Bedeutung von geographischen Namen und ihrer Geschichten zu bewahren und zu fördern. Bei seinem Vortrag werden die Teilnehmer nicht nur lernen, wie diese Namen entstehen, sondern auch, welche Relevanz sie für unsere heutige Gesellschaft haben.
Auf die Leistung des MGV Heimat Dellach-Egg darf man sich ebenfalls freuen; ihre musikalischen Darbietungen werden den Abend sicher bereichern. Es ist also nicht nur eine akademische Veranstaltung, sondern auch ein kulturelles Erlebnis, das die Geschichte der Region in einem neuen Licht erscheinen lässt. Der Vortrag ist eine Einladung, die eigene Umgebung durch die Linse der Namensgebung besser zu verstehen und deren Bedeutung für die Identität und Kultur der Menschen zu reflektieren.