
Die EU-Mitgliedstaaten stehen am Scheideweg der Neuen Gentechnik (NGT). Nach mehr als eineinhalb Jahren der Verhandlungen über eine einheitliche Regelung hat der Ausschuss der Ständigen Vertreter (ASTV) der EU am Freitag in Brüssel einen faulen Kompromiss verkündet. Dieser lässt jedoch viele zentrale Punkte offen, wie etwa die Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit von NGT-Produkten, was für die Lebensmittelwirtschaft und die Konsumenten inakzeptabel ist, wie die ARGE Gentechnik-frei betont. Das Verhandlungsmandat des Rates enthält keine klare Position zur Kennzeichnung, was die Verhandlungen erschwert und potenziell für einen Rückschritt in der Transparenz der Lebensmittelproduktion sorgt. Die Diskussion wurde durch den Vorschlag der EU-Kommission zur Deregulierung im Sommer 2023 ausgelöst, was nun zu den trilateralen Verhandlungen führt, in denen ratifizierte Regelungen zwischen EU-Rat, EU-Kommission und Europäischem Parlament erarbeitet werden müssen, um eine einheitliche Marktstrategie für NGT-Produkte aufzubauen, wie bauernstimme.de berichtete.
Das EU-Parlament hatte im April 2024 bereits eine klare Position bezogen, die Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung als essentielle Bestandteile in der Regulierung der NGT zu verankern. Dennoch unterstützen die nun folgenden Verhandlungen des Rates eine weitreichende Deregulierung, die kritisiert wird, da sie es Biotechnologieunternehmen ermöglichen könnte, gentechnisch verändertes Saatgut ohne ausreichende Risiko- und Sicherheitsprüfungen anzubauen. Martin Häusling, Verhandlungsführer der Grünen im Europäischen Parlament, äußerte Bedenken: "Dies würde eine Mega-Herausforderung für die Lebensmittelwirtschaft darstellen, die die Kosten für Sicherheitsprüfungen und Haftungsrisiken tragen müsste". Der Druck auf die Verhandlungsparteien steigt, denn die Position insbesondere der osteuropäischen Mitgliedstaaten könnte eine Mehrheit finden, die eine drastische Deregulierung forciert – ein Schritt, der laut Häusling fatal wäre und die Vielfalt in der Landwirtschaft gefährdet, wie die APA-OTS warnt.
Die potenziellen Auswirkungen der geplanten Deregulierung auf die Lebensmittelindustrie sind beträchtlich. Die Branche steht vor Herausforderungen in Bezug auf die Kosten und die Haftung, die durch den Anbau und die Vermarktung von NGT-Produkten entstehen könnten. Landwirte und Saatgutzüchter fordern dringend Rechtssicherheit und ein Einhalten der Anforderungen an Transparenz und Sicherheit, um auch zukünftig gentechnikfrei wirtschaften zu können. „Es braucht klare Regelungen vom Feld bis zum fertigen Produkt, ansonsten droht ein erheblicher Rückschritt in der Lebensmittelproduktion“, resümiert Florian Faber von der ARGE Gentechnik-frei und sieht die EU gefordert, diese offenen Fragen vor den Verhandlungen zu klären.
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