In einer bewegten und herausfordernden Zeit, während des verheerenden Dreißigjährigen Krieges (1618-1648), kämpfen Menschen nicht nur ums Überleben, sondern auch gegen die Willkür ihrer Herrscher. Ein herausragendes Beispiel ist die Geschichte von Anna Weinhag, einer mutigen Frau aus Baden-Baden. Sie steht im Zentrum eines düsteren Kapitels der Geschichte, in dem Glaubenszugehörigkeit und Opposition gegen autoritäre Herrschaft mit schwerwiegenden Konsequenzen verbunden waren.
Markgraf Wilhelm, der 1622 die Markgrafschaft Baden-Baden übernahm, nutzte die Zeit der Unsicherheit, um die protestantische Glaubenswelt zurückzudrängen. Er setzte strenge Maßnahmen durch, um die Katholisierung voranzutreiben, darunter hohe Geldstrafen für das Fehlen bei der Beichte. Der Druck, den er auf die Bürger ausübte, führte dazu, dass viele unter dem Einfluss von Verleumdungen und falschen Anschuldigungen litten. Dagmar Rumpf, stellvertretende Leiterin des Stadtmuseums und -archivs Baden-Baden, beleuchtet die Zeit, die Anna Weinhag symbolisch für den Kampf gegen Unterdrückung steht.
Die standhafte Anna Weinhag
Anna Weinhag war nicht nur eine gewöhnliche Bürgerin; sie entstammte einer Kaufmannsfamilie und gehörte somit zur Stadtelite. Als die Situation in Baden-Baden sich zuspitzte, wurde sie mit dem Vorwurf der Hexerei konfrontiert. Ihre Weigerung, ihrem Glauben abzuschwören und die Herausforderung an die Autorität des Markgrafen verdeutlichen ihren unerschütterlichen Charakter. In einem mutigen Brief wandte sich Anna direkt an Markgraf Wilhelm und bat darum, ihren Glauben beibehalten zu dürfen.
Die Jesuiten, die Wilhelms Politik unterstützten, führten die Hexenprozesse weiter und bedienten sich einer brutalen Kombination aus Folter und psychologischen Druck. Oftmals gestanden die Beschuldigten die absurdesten Dinge, wie das Fliegen auf einem Besen oder den im Glauben verurteilten Umgang mit dem Teufel. Diese Geständnisse wurden unter extremen Bedingungen erzwungen und viele Opfer sahen sich gezwungen, Namen von Freunden und Bekannten zu nennen, um ihre eigene Haut zu retten.
Der rechtliche Kampf und die Wendung des Schicksals
Das Schicksal nahm eine wendende Richtung, als Anna Weinhags Mann, Hans Weinhag, gegen die Inquisition und den Markgrafen klagte. Der Prozess zog die Aufmerksamkeit auf sich und führte schließlich zu einem Eingreifen des Reichskammergerichts in Speyer. Dagmar Rumpf berichtet, dass dies dem Markgrafen sichtlich Unbehagen bereitete; er musste erkennen, dass er seine Macht überschritten hatte.
Nach ihrer ersten Inhaftierung im „Hexenturm“ überstand Anna die Folter und blieb standhaft. Sie wurde jedoch ein zweites Mal wegen Hexerei angeklagt und erneut eingesperrt. Dies geschah entgegen dem geltenden Recht, was die Absurdität und Willkür der Verfahren verdeutlicht. Ihr Mann kämpfte weiter für ihre Freilassung, und schließlich erhielt Anna die Möglichkeit, sich zur Kur nach Bad Peterstal zurückzuziehen, einem sichereren Ort für Protestanten.
Die Entscheidung, einen Handel einzugehen, um der Inhaftierung zu entkommen und in Bad Peterstal Zuflucht zu finden, war ein verzweifelter, aber strategischer Schritt. Leider verliert sich die Spur von Anna Weinhag nach ihrer Freilassung, was Zweifel an ihrem Überleben aufwirft.
Anna Weinhags Geschichte bleibt ein beindruckendes Zeugnis der Standhaftigkeit gegen Unterdrückung und eine mahnende Erinnerung daran, dass der Glaube und der Wille, für die eigenen Überzeugungen einzustehen, unermüdlichen Kampf erfordern können. Ihre Erzählung lebt weiter durch die Rückerinnerungen von Menschen wie Dagmar Rumpf, die sich um das Bewahren dieser kostbaren Geschichte bemühen.