Oberwart

Vom Stiefelmacher zum Weinbauer: Julius Kochs Lebenswerk in Rechnitz

Stiefelmacher Julius Koch aus Rechnitz kämpft ums Überleben seines fast ausgestorbenen Handwerks und schlägt Alarm gegen die Kunststoffschuhe der Massenindustrie!

In der kleinen burgenländischen Gemeinde Rechnitz ist die Tradition des Stiefelmachers eine lebendige, wenn auch vom Aussterben bedrohte Handwerkskunst. Julius Koch, geboren 1949 und als Stiefelmacher aufgewachsen, führt heute das Handwerk seines Vaters weiter. Mit einer nüchternen Sicht beschreibt er, wie sich die Schuhherstellung im Laufe der Jahre verändert hat und welche Herausforderungen er in der modernen Zeit sieht.

Ein Handwerk mit Wurzeln

Nicht nur das Handwerk selbst hat eine lange Geschichte, sondern auch Julius Koch sieht seine Berufung in der Tradition. „Mein Vater war Stiefelmacher, weil das zur damaligen Zeit eine Hochkonjunktur gewesen ist“, erklärt er. In seiner Jugend gab es noch keine industriell gefertigten Schuhe, sodass die Nachfrage nach maßgefertigten, qualitativ hochwertigen Stiefeln groß war. Die Ausbildung zum Stiefelmacher absolvierte er in Eisenstadt, wo er sowohl die Gesellen- als auch die Meisterprüfung ablegte. Das Reparieren von Schuhen erlernte er dann bei der Familie Simon in Oberwart, was eine essentielle Fähigkeit in diesem Beruf darstellt.

Eine Symbiose von Weinbau und Handwerk

In Rechnitz war es üblich, dass Stiefelmacher neben ihrem Hauptberuf auch als Weinbauern arbeiteten. „Im Feber beziehungsweise März hat der Weinbau angefangen und dann, wenn dort die wenigste Arbeit war, hat man begonnen Stiefel zu machen“, erinnert sich Koch. Diese Kombination des Stiefelmachens mit der Weinbau-Tradition ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie sich Berufe in ländlichen Regionen gegenseitig ergänzen. Die damalige Verknüpfung beider Tätigkeiten verdeutlicht die enge Beziehung zur Natur und zu einem handwerklichen Lebensstil.

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Der Wandel des Marktes

Der Markt hat sich jedoch stark verändert. „Momentan läuft das Geschäft nicht so gut, aber die Kund:innen werden sicher wieder kommen“, glaubt Koch. Der Rückgang an Aufträgen ist für ihn zwar frustrierend, aber er sieht es mit einer Mischung aus Resignation und Optimismus. Seine Erfahrung zeigt, dass das Bewusstsein für handgefertigte Schuhe in der schnelllebigen Konsumgesellschaft schwindet. „Es ist schade um jeden Beruf, egal ob Schuhmacher, Fleischhacker, Schmied, Schlosser“, bedauert er die Entwicklung, die durch große Kaufhäuser und die Massenproduktion geprägt ist. Diese Kritik spiegelt eine größere Sorge über den Verlust traditioneller Berufe wider, die auch für die Identität einer Region von Bedeutung sind.

Der Einfluss der neuen Materialien

Koch betont die Vorzüge von Leder gegenüber modernen Kunststoffen, die zunehmend in der Schuhproduktion verwendet werden. „Seit ich diese Arbeit mache, habe ich bisher noch keine anderen Stiefel gemacht als Ledercsizmen“, sagt er. Diese Aussage unterstreicht nicht nur sein handwerkliches Können, sondern auch seine Überzeugung von der Qualität und Haltbarkeit von Leder. Koch stellt die Frage nach der Gesundheit der Füße und hinterfragt den Trend zur Verwendung weniger belastbarer Materialien.

Ein zeitloses Handwerk im Wandel der Zeit

Wie viele Handwerker in seinem Alter, ist Julius Koch mit den Herausforderungen des Alters konfrontiert. „Ich bin auch schon ein bisschen müde“, gesteht er und gibt zu, dass die körperlichen Anforderungen des Handwerks nicht mehr so leicht zu bewältigen sind. Trotz dieser Schwierigkeiten verleiht ihm die Unterstützung seiner Familie Energie. Sein Sohn Wolfgang folgt seinen Fußstapfen und betreibt ein Geschäft für orthopädische Schuhe, Einlagen und Maßschuhe in Oberwart. Diese Kontinuität des Handwerks innerhalb der Familie zeigt auf, wie wichtig es ist, Traditionen weiterzugeben.

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Ein Blick in die Zukunft

Letztes Wochenende fuhr Koch nach Eisenstadt auf den Markt, um seine Stiefel anzubieten. Trotz der kleinen Hoffnung auf mehr Unterstützung von der Bevölkerung ist er bestrebt, seine Leidenschaft für das Stiefelmachen weiterzugeben. Das geplante Stiefelmachermuseum im Gemeindeamt von Rechnitz soll dabei helfen, die lokale Geschichte lebendig zu halten und das Bewusstsein für das Handwerk zu fördern. „Es wäre gut, wenn die Leute einmal zur Vernunft kommen würden und zumindest einen Lederschuh tragen, nicht nur diesen ganzen Kunststoff“, appelliere er an zukünftige Generationen.

Quelle/Referenz
bvz.at

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