Wien steht vor einem neuen Schuljahr, das für viele Kinder mit Freude, aber auch mit Sorgen verbunden ist. Der erste Schultag am 2. September naht und zusammen werden fast eine Viertelmillion Wiener Kinder in die Klassenräume zurückkehren. Während einige die bunte Schultüte und die Wiedersehensfreude mit Freunden erwarten, gibt es für viele Lehrerinnen und Lehrer ernsthafte Bedenken. Die Vorbereitungen für das Schuljahr 2023/2024 sind geprägt von Unsicherheiten, was das Personal und die Infrastruktur betrifft.
Der Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) gab gestern auf einer Pressekonferenz bekannt, dass trotz der Herausforderungen, insbesondere einem Anstieg von zehn Prozent an Schülerzahlen im Vergleich zum Vorjahr, alle Kinder mit einem Klassenzimmer ausgestattet werden können. Die wichtigsten Neuerungen umfassen die Einstellung von 1.600 neuen Lehrkräften, um den höheren Schülerzahlen gerecht zu werden, und die Schaffung von 137 neuen Klassenräumen, von denen 45 mobile Containerklassen sind, die an verschiedenen Standorten in Wien liegen.
Personalmangel und Herausforderungen an den Schulen
Die Probleme, die im vergangenen Schuljahr festgestellt wurden, sind nicht von der Hand zu weisen. Unterbesetzung der Schulen, überlastete Lehrkräfte und ein Mangel an Sozialarbeitern gehören zu den Herausforderungen, denen sich die Wiener Schulen gegenübersehen. Es bleibt abzuwarten, ob die neuen Maßnahmen ausreichen, um diese Herausforderungen zu meistern. Wiederkehr betonte, dass die Grundfinanzierung der Bildungseinrichtungen auf 91 Millionen Euro erhöht wurde. Damit sollen verstärkt administratives Personal, Sozialarbeiter und Psychologen eingestellt werden. Die Anzahl der Vollzeitstellen für Sozialarbeiter wird von 85 auf 95 erhöht, um den steigenden Bedarf zu decken.
Die Situation der Sprachförderung wird ebenfalls angesprochen. Es gibt unzureichende Sprachlehrer, die insbesondere Kinder unterstützen, deren Deutschkenntnisse noch nicht ausreichend sind. Wiederkehr äußerte zwar, dass 3.000 Kinder an Sommerkursen teilgenommen hätten, betonte jedoch, dass hier noch Defizite bestehen. Die Notwendigkeit einer besseren Deutschförderung im Kindergarten wird ebenfalls gehört, um bereits frühzeitig auf Sprachbarrieren reagieren zu können.
Ein weiterer Fokus liegt auf den sogenannten Orientierungsklassen, die von sechs auf zehn erhöht werden. Diese Klassen sind für Kinder gedacht, die noch nie zuvor eine Schule besucht haben oder die noch nicht schulreif sind. Durch diese Maßnahme sollen diese Kinder schrittweise an das reguläre Schulsystem herangeführt werden.
Widerstand der Grünen und Ausblick auf die Veränderungen
Die Wiener Grünen kritisieren die Maßnahmen und bezeichnen sie als „halbherzige Scheinlösungen“. Parteivorsitzende Judith Pühringer äußerte, dass die vorhandenen gravierenden Probleme an den Schulen nicht gelöst seien. Die Grünen fordern eine bessere Durchmischung an den Schulen und eine genaue Datenerhebung, um gezielt benachteiligte Standorte zu fördern. Die Themen Diversität und Inklusion in den Schulen müssen als „echte Großbaustellen“ angegangen werden und nicht nur als punktuelle Verbesserungen ins Auge gefasst.
Wiederkehr steht also vor der Herausforderung, nicht nur den Schulstart zu organisieren, sondern auch langfristige Lösungen und Verbesserungen zu implementieren, die den Schulen in Wien helfen, den Anforderungen des Schulalltags gerecht zu werden. Ob die Bemühungen ausreichen, um sowohl den Anspruch auf Bildung zu gewährleisten als auch auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler einzugehen, bleibt abzuwarten. Besonders in einer Zeit, in der Veränderungen und Anpassungen im Bildungsfeld dringender denn je erforderlich sind, sind die kommenden Wochen und Monate entscheidend.
Während die Schulen sich darauf vorbereiten, sehen sich die Lehrkräfte nicht nur mit administrativen Herausforderungen konfrontiert. Die Vorfreude auf den ersten Schultag wird von der Frage begleitet, wie die realen Bedingungen vor Ort gestaltet sind und ob die Unterstützung der Stadt wirklich ausreicht, die bestehenden Mängel zu beheben. Der Weg ist noch lang, um eine optimale Lernumgebung zu schaffen, in der alle Kinder die bestmögliche Bildung und Sozialisation erfahren können.