Tobias Hermeling ist ein Künstler, der sich selbst als „Gedankenkittfabrikant“ bezeichnet. In einer Zeit, in der Egoismus und Selbstbezogenheit vorherrschen, sieht er seine Aufgabe darin, durch Kunst Brücken zu schlagen und verlorengegangenen Zusammenhalt wiederherzustellen. Die Welt ist geprägt von Wohlstand und Überfluss, was dazu führen kann, dass man weniger aufeinander angewiesen ist. Hermeling ist der Überzeugung, dass Kunst eine transformative Kraft hat, die es vermag, verhärtete Strukturen zu öffnen und ein Gefühl der Einheit zu schaffen.
Mit seinem kreativen Schaffen will er uns dazu anregen, über unsere zwischenmenschlichen Beziehungen nachzudenken und Protagonist in einem größeren Narrativ zu werden. Dabei geht es ihm nicht nur um optische Reize, sondern um das Kitt, das unsere Gesellschaft zusammenhält. Es ist ein Gedanke, der die Basis seiner Arbeiten formt.
Die Vielfalt seiner Ausdrucksformen
Tobias Hermeling hat eine facettenreiche künstlerische Karriere eingeschlagen, die mit seinem Entschluss, 1995 hauptberuflich Künstler zu werden, ihren Anfang nahm. Seine frühen Erfolge stellten sich schnell ein, vor allem mit Porträts und Collagen, inspiriert von den verklärenden Werbefilmen der 60er Jahre. Mit jedem seiner Werke möchte er Erlebtes dokumentieren und Menschen miteinander in Verbindung bringen. Dabei nutzt er nicht nur die Malerei, sondern auch das Medium Film.
Sein erster wichtiger Film war im Kontext der Aufführung von Bachs „Johannespassion“ im Jahr 2019 entstanden, was für ihn eine Vielzahl von neuen Herausforderungen mit sich brachte. Hermeling beschreibt den Prozess des Filmemachens als eine spannende Reise: „Wie konstruiere ich die Übergänge, Spannungsbögen, wann ist ein Stakkato angebracht?“ Diese Fragen sind für ihn der Schlüssel zu einem gelungenen Werk, das klar und auf das Wesentliche reduziert ist.
Die Kunst als Kommunikationsmittel ist für Hermeling zentraler Bestandteil seiner Philosophie. Er sieht den Menschen als das zentrale Element seines Schaffens, denn „der Mensch ist nicht zum singulären Dasein gemacht, um in Einsamkeit zu verrotten“. Daher ist die Interaktion mit Menschen, das Einfangen ihrer Geschichten und Emotionen in seinen Arbeiten von größter Bedeutung.
Persönliche Einblicke und emotionale Herausforderungen
In einem anderen bedeutenden Werk, „Kerschtengeld und Lekvardatschgerl“, widmet sich Hermann den Geschichten von Menschen aus seiner Heimat, dem Burgenland. Die Dokumentation von 60 Episoden gibt Einblicke in die fast vergessene Mundart und die jüdische Geschichte des Landes, eingebettet in eine nostalgische Erzählweise. „Hier wird die Magie des Moments eingefangen“, sagt er über seine Herangehensweise.
Sein großes Engagement beschränkt sich nicht nur auf sein künstlerisches Schaffen, sondern erstreckt sich auch auf seine Rolle als Kunstpädagoge. Am Gymnasium in Neusiedl gibt er sein Wissen und seine Leidenschaft an die nächste Generation weiter. Er ermutigt seine Schüler, die Welt durch die Linse der Kunst zu betrachten und kreativ zu denken. Hermeling will ihnen Methoden und Mittel an die Hand geben, um die eigene Kreativität zu entfalten.
Kunst und die menschliche Erfahrung
Tobias Hermeling macht es sich zur Aufgabe, Unsichtbares sichtbar zu machen, sowohl in der Kunst als auch im Leben. Durch seine Werke versucht er, emotionale Resonanz herzustellen und die Betrachter zu berühren. Sein Ansatz, Kunst als Verbindungskitt in einer frakturierten Gesellschaft zu nutzen, ist nicht nur ein künstlerisches, sondern auch ein zutiefst menschliches Unterfangen. Diese Ambition prägt seine Arbeiten und leitet zugleich seine methodischen Ansätze im Unterricht, wo er seine Schüler dazu anregt, ihre eigenen Stimmen zu finden und den Mut zu haben, die eigene Kreativität auszuleben.
Der Einfluss von Kunst auf die Gesellschaft
Kunst hat nicht nur einen ästhetischen Wert, sondern spielt eine entscheidende Rolle in der Gesellschaft. Sie ist ein Spiegelbild der Gesellschaft und reflektiert deren Werte, Konflikte und Fortschritte. In der heutigen Zeit, in der soziale Medien und digitale Plattformen einen großen Einfluss auf die Wahrnehmung von Kunst haben, sehen wir eine Verschiebung hin zu mehr interaktiven und partizipativen Formaten. Diese Veränderungen ermögliche es Künstlern wie Tobias Hermeling, ihre Botschaften direkt mit einem breiteren Publikum zu kommunizieren und den Dialog über wichtige gesellschaftliche Themen anzuregen.
Ein Beispiel für den Einfluss der Kunst auf die Gesellschaft ist die Street Art. Diese Form der Kunst hat sich in vielen Städten als Mittel zur Gesellschaftskritik etabliert. Künstler verwenden öffentliche Räume, um auf soziale Missstände aufmerksam zu machen und Diskussionen anzustoßen. Diese Art von Kunst kann als moderne Form des sozialen Aktivismus angesehen werden, der in der Vergangenheit ähnlich in Bewegungen wie dem Surrealismus oder dem Expressionismus zu finden war.
Kunst als transformative Kraft
Tobias Hermeling sieht sich selbst als „Gedankenkittfabrikant“, was darauf hinweist, dass er Kunst als ein Werkzeug zur Schaffung von Verbindungen versteht. Dies spiegelt sich auch in der Rolle wider, die Kunst in Gemeinschaften spielt. Projekte, die Gemeinschaftsinteraktion und Zusammenarbeit betonen, sind oftmals erfolgreicher in der Förderung von sozialem Zusammenhalt. Studien zeigen, dass Kunstprojekte in urbanen Gebieten die Nachbarschaft identität stärken und das Gemeinschaftsgefühl fördern können.
Ein Beispiel für solche transformative Kunstprojekte findet man in vielen europäischen Ländern, wo Künstler in Schulen und Gemeinschaftszentren aktiv werden, um Jugendliche und Erwachsene in kreative Prozesse einzubeziehen. Diese Ansätze können den Menschen helfen, ihre Identität und Kultur zu erforschen und zu stärken. Solche Initiativen fördern nicht nur die persönliche Entwicklung, sondern auch das Verständnis und die Toleranz innerhalb der Gemeinschaft.
Auswirkungen der Digitalisierung auf die Kunstszene
Die Digitalisierung hat die Kunstwelt tiefgreifend verändert. Künstler wie Tobias Hermeling nutzen digitale Plattformen und soziale Medien, um ihre Arbeiten zu verbreiten und mit ihrem Publikum in Kontakt zu treten. Laut einer Studie von Artsy haben über 75% der Künstler im Jahr 2022 soziale Medien als wichtigen Kanal für die Vermarktung ihrer Kunst identifiziert. Diese digitalen Plattformen ermöglichen es Künstlern, ihre Werke in einem globalen Maßstab zu präsentieren, was früher nur mit physischen Ausstellungen möglich war.
Doch die Digitalisierung bringt auch Herausforderungen mit sich. Es ist schwieriger geworden, die Originalität von Kunstwerken zu bewahren, und die Wertschätzung für traditionelle Kunstformen könnte sinken. Gleichzeitig eröffnen sich durch digitale Techniken neue Möglichkeiten für kreative Ausdrücke, etwa durch digitale Malerei oder Multimedia-Installationen. Künstler sind gezwungen, sich ständig weiterzuentwickeln und neue Formen der Kunst zu erforschen, um relevant zu bleiben.