Bei der rumänischen Präsidentenwahl am Sonntag hat der sozialdemokratische Ministerpräsident Marcel Ciolacu laut Wählerbefragungen den ersten Platz belegt. Mit einem Stimmenanteil von etwa 25 Prozent führt er deutlich vor den anderen Kandidaten. Die Situation um den zweiten Platz ist hingegen noch nicht klar; die Reformpolitikerin Elena Lasconi liegt in den Prognosen bei rund 18 Prozent, gefolgt von zwei rechtspopulistischen Politikern, die ähnliche Wahlergebnisse vorzuweisen haben.
In Anbetracht der vielen im Ausland lebenden Rumänen, die bei den Befragungen möglicherweise nicht berücksichtigt wurden, könnte es jedoch zu größeren Differenzen zwischen den Vorhersagen und den tatsächlichen Ergebnissen kommen. Während Ciolacu sich aller Wahrscheinlichkeit nach für die Stichwahl am 8. Dezember qualifiziert hat, könnte der Abstand zu den übrigen Kandidaten geringer sein als erwartet. Insgesamt traten 13 Bewerber um das Vertrauen der rund 19 Millionen wahlberechtigten Bürger an, darunter auch der frühere konservative Premier Nicolae Ciuca, der mit etwa 13 bis 14 Prozent auf dem vierten Rang landet. Die rechtsextremen Politiker Calin Georgescu und George Simion erzielen Prognosen von 14 bis 16 Prozent.
Elena Lasconi: Politische Karriere im Aufwind
Für die 52-jährige Elena Lasconi, die ihre Karriere als TV-Journalistin begann und nun als Bürgermeisterin von Campulung Muscel fungiert, könnte ein Einzug in die Stichwahl den Höhepunkt ihrer bislang kurzen politischen Laufbahn darstellen. Lasconi wurde erst im Sommer zur Vorsitzenden der Reformpartei USR gewählt, nachdem die vorherige Führung nach enttäuschenden Wahlergebnissen zurücktreten musste. Ihr Engagement für die Präsidentschaftskandidatur kam zu einem Zeitpunkt, als sich niemand der erfahrenen Parteivorsitzenden bereit erklärte, in das Rennen zu gehen.
Die Möglichkeit, dass Lasconi in die Stichwahl einzieht, könnte durch die Vorliebe der rumänischen Wähler für bürgerliche Staatsoberhäupter begünstigt werden. In den letzten zwanzig Jahren scheiterten alle sozialdemokratischen Kandidaten in den Stichwahlen gegen Kandidaten aus dem bürgerlichen Lager, was die Situation für Lasconi potenziell vorteilhaft macht.
Im Hinblick auf mögliche Mitbewerber in der Stichwahl sorgt die Kandidatur des rechtspolitischen George Simion für Besorgnis. Der frühere Staatspräsident Traian Basescu äußerte, dass es eine große Blamage für Rumänien wäre, Simion in der Endrunde zu sehen, insbesondere aufgrund seiner Vergangenheit und seiner umstrittenen Verbindungen zu nationalistischen Strömungen in Nachbarländern wie der Ukraine und Moldau.
George Simion: Ein kontroverser Nationalist
George Simion positioniert sich als glühender Nationalist und zeigt sich in seiner politischen Haltung stark russlandfreundlich sowie skeptisch gegenüber Europa. Der 38-Jährige, der ursprünglich als Fußballrowdy bekannt wurde, hat einen leidenschaftlichen und manchmal aggressiven Stil und ist dafür bekannt, auch handgreiflich gegen politische Gegner vorzugehen. Trotz seiner genannten Vorbehalte plant er, Rumänien weiterhin in NATO und EU zu halten, fordert aber ein Europa der Nationalstaaten und lehnt zusätzliche Militärhilfe für die Ukraine ab.
Die Wahl fand über mehr als 19.000 Wahllokale im Land statt, die am Sonntagmorgen um 06:00 Uhr MEZ öffneten und bis 20:00 Uhr MEZ geöffnet waren. Im Ausland gaben die rumänischen Behörden insgesamt 950 Wahllokale bekannt, darunter 17 in Österreich verteilt auf verschiedene Städte.
Gemäß der rumänischen Verfassung hat das Staatsoberhaupt eine bedeutende Rolle in der Außen- und Verteidigungspolitik, einschließlich der Kontrolle über die Streitkräfte und der Vertretung Rumäniens auf internationaler Ebene. Der Präsident ist auch dafür verantwortlich, die Unabhängigkeit und Rechtsstaatlichkeit des Landes zu garantieren und als Vermittler zwischen Regierung und Gesellschaft zu fungieren.
Insgesamt zeigt die aktuelle Situation in Rumänien, wie wichtig diese Wahl nicht nur für die Politlandschaft ist, sondern auch für die künftige Richtung des Landes in einem sich schnell verändernden geopolitischen Kontext. Ein detaillierterer Blick auf die Wahl und ihre Auswirkungen wird in zukünftigen Berichten erwartet, wie www.diepresse.com berichtet.