Das österreichische Gesundheitswesen steht vor erheblichen Herausforderungen, wie Experten bei den Praevenire Gesundheitstagen von 9. bis 11. Oktober in Eisenstadt beklagten. Trotz einer steigenden Lebenserwartung sinkt die Gesundheit der Bevölkerung. Es mangelt an präventiven Maßnahmen und einer besseren Vernetzung der verschiedenen Versorgungsangebote. Hans Jörg Schelling, Präsident der Praevenire Gesundheitsinitiative, kritisierte, dass die Umsetzung von Reformen in diesem Bereich seit Jahren ausbleibt.
Schelling betonte, dass die Systematik in der österreichischen Politik oft von Ankündigungen geprägt ist, während tatsächliche Maßnahmen fehlen. Es sei an der Zeit, grundlegende Veränderungen in Bereichen wie Prävention, Vernetzung der Versorgung und Digitalisierung vorzunehmen, um das Gesundheitswesen nicht zu gefährden.
Finanzielle Belastungen für die Bürger
Ein bedeutender Punkt, der zur Unzufriedenheit der Bevölkerung beiträgt, sind die hohen Gesundheitsausgaben. Andreas Huss von der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) hob hervor, dass die Menschen bereits 23 Prozent der Gesundheitsausgaben selbst tragen müssen, was pro Person und Jahr etwa 1.000 Euro ausmacht. Dieses Modell widerspricht der Idee einer solidarischen Gesundheitsversorgung.
Die jährlichen Gesundheitsausgaben belaufen sich in Österreich auf fast 53 Milliarden Euro, was etwa 11 Prozent des Bruttosozialprodukts entspricht. Trotz dieser hohen Ausgaben weist das Gesundheitssystem im europäischen und OECD-Vergleich eine relativ geringe Anzahl gesunder Lebensjahre auf. Während für stationäre Behandlungen 40 Prozent der Gelder verwendet werden, fließen lediglich 2,1 Prozent in die Prävention, was von Anne Busch von der FH Wiener Neustadt kritisiert wurde.
Der Gesundheitsstatus der Bevölkerung
Laut den Experten verbringen die Österreicher im Durchschnitt nur 64 gesunde Jahre, was 16 bis 17 Jahre weniger als die gesamte Lebenserwartung bedeutet. Karin Hofer, die für Prävention bei der ÖGK zuständig ist, stellte fest, dass Österreich im Vergleich zu skandinavischen Ländern wie Schweden besser abschneiden sollte. Sie betonte, dass Gesundheit weit über das Gesundheitssystem hinausgeht und durch Lebensstil, soziale Rahmenbedingungen und viele weitere Faktoren beeinflusst wird.
Ein alarmierendes Problem ist die steigende Rate an Adipositas in Österreich. Hofer bezeichnete dies als eine globale Seuche, mit einem dramatischen Anstieg adipöser Männer in den letzten 15 Jahren. Dies ist ein Zeichen dafür, dass Präventionsmaßnahmen dringend erforderlich sind.
Darüber hinaus wird Gesundheit auch als ein Gender-Thema betrachtet. Juliane Bogner-Strauss, Bundesleiterin der ÖVP-Frauen, merkte an, dass Frauen oft ihre eigenen Bedürfnisse zugunsten von Partnern und Familien zurückstellen. Hier sollte die Forschung in Bezug auf Diagnostik und geschlechtsspezifische Medikation intensiviert werden.
Für chronisch kranke Menschen, insbesondere Diabetiker, müssen bessere Betreuungsoptionen geschaffen werden. Peter Fasching, Präsident der Österreichischen Diabetes Gesellschaft, forderte, dass die Versorgung von Typ-1- und Typ-2-Diabetikern, die in Österreich in großer Zahl leben, verbessert werden muss. Es sei notwendig, regelmäßige, spezifische Betreuungen abseits von Spitälern zu etablieren, um die Patienten optimal zu unterstützen.
Insgesamt zeigten die Diskussionen während der Praevenire Gesundheitstage deutlich auf, dass Österreichs Gesundheitswesen vor einem dringenden Umdenken steht, um den Bürgern ein gesünderes Leben zu ermöglichen und die finanziellen Belastungen zu reduzieren. Diese Erkenntnisse werden entscheidend sein, um die zukünftige Gesundheitsversorgung in Österreich nachhaltig zu reformieren und die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Weitere Informationen zu diesem Thema bietet science.apa.at.
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