Der Erste Nationalratspräsident Walter Rosenkranz von der FPÖ sieht sich schwerwiegenden Vorwürfen ausgesetzt, nachdem am Mittwoch eine Anzeige wegen Amtsmissbrauchs gegen ihn eingebracht wurde. Die Jüdischen österreichischen HochschülerInnen (JöH) und der Jurist Bini Guttmann beschuldigen den Politiker, ein Auslieferungsbegehren der Staatsanwaltschaft für mehr als neun Tage zurückgehalten zu haben. Dieses betraf FPÖ-Nationalräte, die im September wegen der Wiederbetätigung des Nationalsozialismus angezeigt wurden, unter ihnen Martin Graf und Harald Stefan. Laut den Anzeigern besteht der Verdacht auf Amtsmissbrauch, da Rosenkranz damit offenbar politisch Einfluss nehmen wollte, wie die JöH konstatierte. Sie fordert nun von der Justiz, die Rechtsstaatlichkeit in Österreich zu wahren und den Vorwürfen umfassend nachzugehen, da die Tatsachen auf einen möglichen politischen Missbrauch hinweisen.
Die Staatsanwaltschaft Wien hatte ein Auslieferungsbegehren an Rosenkranz geschickt, welches an ihn am 20. November übermittelt wurde. Er leitet es allerdings erst am 29. November zur Parlamentskanzlei weiter. Dies verstößt gegen die Geschäftsordnung, die eine sofortige Weiterleitung vorschreibt. Im Büro des Nationalratspräsidenten sprach man von einem "Irrtum" und war fälschlicherweise der Annahme, die Kanzlei habe bereits ein Exemplar erhalten. Bini Guttmann, der die Anzeige eingebracht hat, sieht darin jedoch keine bloße Nachlässigkeit, sondern vermutet ein politisches Motiv: Rosenkranz könnte das Begehren absichtlich zurückgehalten haben, um mögliche negative Auswirkungen auf die FPÖ bei der Steiermark-Wahl zu vermeiden. Diese fand am 24. November statt und endete mit einem klaren Sieg für die FPÖ, wie Kurier berichtete.
Juristische Dimensionen und politische Implikationen
Guttmann, der auch Exekutivrat des World Jewish Congress (WJC) ist, erklärt, dass der Nationalratspräsident hoheitliche Befugnisse ausübt und somit der Straftatbestand des Amtsmissbrauchs erfüllt sein könnte. Zudem könnte Rosenkranz' Handlung politisch motiviert gewesen sein, um der FPÖ, die in der Steiermark bei der Wahl erfolgreich war, Vorteile zu verschaffen, wie auch die Krone berichtet. Die weiteren Ermittlungen könnten künftig klären, ob Rosenkranz, als Teil des politischen Systems, tatsächlich für den Vorwurf des Amtsmissbrauchs zur Verantwortung gezogen werden kann.