Serbien wählt neuen Ministerpräsidenten: Macut soll Proteste beenden!
Novi Sad, Serbien - Djuro Macut wurde heute vom serbischen Parlament als neuer Ministerpräsident bestätigt. Der 61-jährige, der zuvor in der politischen Öffentlichkeit wenig bekannt war, wurde von Staatspräsident Aleksandar Vučić mit der Regierungsbildung beauftragt. Bei der Abstimmung stimmten 153 der 199 anwesenden Abgeordneten für die neue Regierung, während 46 dagegen stimmten und 51 abwesend waren. Vučić äußerte den Wunsch, dass Macut „uns vom Terror befreit“, ein Hinweis auf die anhaltenden Straßenproteste gegen seine Regierung, die seit mehr als fünf Monaten andauern und als Krise ohnegleichen gelten. Diese Proteste führten zu einem Rückgang der in- und ausländischen Investitionen in Serbien.
Die Proteste begannen am 1. November 2024, nach dem tödlichen Einsturz eines Bahnhofsvordachs in Novi Sad, bei dem 16 Menschen starben. Die Demonstranten kritisieren die Regierung für Korruption und Staatsversagen im Zusammenhang mit diesem Unglück und fordern systemische Reformen zur Bekämpfung von Misswirtschaft. Laut der Berichterstattung über die Proteste sind die ersten Organisatoren Studenten, die Verantwortung und Aufklärung fordern.
Massive Protestwelle
Die Proteste haben sich mittlerweile zu einer breiten Bewegung entwickelt, mit der größten Demonstration Mitte März 2025 in Belgrad, an der geschätzte 275.000 bis 325.000 Menschen teilnahmen. Die serbische Innenministerin gab die Teilnahme an dieser Veranstaltung mit etwa 100.000 Personen an. Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Regierungsanhängern trugen weiter zur Eskalation der Situation bei, während die Staatsanwaltschaft 13 Personen im Zusammenhang mit dem Dacheinsturz angeklagt hat.
Die Regierung, die Vorwürfe der Bestechung und Inkompetenz zurückweist, hat eine Anti-Korruptionskampagne angekündigt. Dennoch bleibt das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung gering. Präsident Vučić, der seit 2017 im Amt ist und zuvor in verschiedenen Regierungsfunktionen tätig war, hat wiederholt zu einem Dialog aufgerufen, macht jedoch auch ausländische Einmischung für die Proteste verantwortlich.
Politische Umbrüche
Die Proteste, die zu einem Rücktritt des bisherigen Ministerpräsidenten Milos Vučević geführt haben, wurden anfänglich von den Behörden stark unterdrückt. Vučević hatte seinen Rücktritt im Januar 2024 angekündigt, nach einem Vorfall, bei dem ein Angriff auf eine Studentin als Grund angeführt wurde. Oppositionsparteien und Bürgerbewegungen hatten zu den Protesten aufgerufen, die mittlerweile als Reaktion auf unzureichende Maßnahmen gegen Gewalt in den Medien auch einen neuen gesellschaftlichen Kontext erhalten haben.
Die historische Verflechtung Serbiens mit Russland und dem Westen sowie der Status als EU-Beitrittskandidat führen zu einer komplexen politischen Landschaft. Kritiker werfen Vučić vor, einen autokratischen Regierungsstil zu pflegen, der durch Medienkontrolle, Bestechung und Gewalt gegen Oppositionelle geprägt ist. Die Regierung hat Schwierigkeiten, das Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen, während die Aussichten auf einen EU-Beitritt ohne grundlegende Reformen derzeit als gering eingeschätzt werden.
Macut, der politisch bisher als Anhänger von Vučić auftrat und als Endokrinologe ein gewisses Renommee in der Fachwelt genießt, steht nun vor der Herausforderung, die seit mehreren Monaten andauernden Proteste zu beenden und das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen.
Für weitere Informationen siehe: oe24, Deutschlandfunk, Deutschlandfunk.
Details | |
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Vorfall | Protest, Verkehrsunfall |
Ursache | Korruption, Gewalt |
Ort | Novi Sad, Serbien |
Quellen |