
Die politische Lage in der Türkei hat sich erneut zugespitzt, nachdem der Bürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoglu, am Sonntag wegen Bestechung inhaftiert wurde. Diese Festnahme führte zu den größten regierungsfeindlichen Protesten seit einem Jahrzehnt, wie Kleine Zeitung berichtet. Imamoglu hat sich als bedeutender Herausforderer des langjährigen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan etabliert, dessen regierende Partei in den letzten Wahlen nicht nur Istanbul, sondern auch andere wichtige Städte verloren hat.
Die Festnahme erfolgt im Kontext breiterer Ermittlungen, die angebliche Korruption und Verbindungen zu Terrororganisationen betreffen. Kritiker sehen diese Maßnahmen als politischen Motiv, um den Einfluss von Imamoglu vor den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen zu schwächen. Die Staatsanwaltschaft von Istanbul hat nicht nur Haftbefehle gegen Imamoglu, sondern auch gegen mehr als 100 weitere Personen wegen finanzieller Vergehen erlassen, berichtet Associated Press.
Internationales Echo und Widerstand
Die US-Regierung hat die Festnahme von Imamoglu und die damit verbundenen Proteste mit Besorgnis verfolgt. US-Außenminister Marco Rubio drückte seine Bedenken gegenüber dem türkischen Außenminister Hakan Fidan aus und betonte, dass die USA die Entwicklungen in der Türkei genau beobachten. Diese diplomatischen Äußerungen finden jedoch kein Gehör in Ankara, wo die Regierung Rubios Ansichten zurückweist und argumentiert, dass es keine Bedenken im Gespräch gegeben habe.
Zusätzlich zu den politischen Repressionen rund um Imamoglu gibt es eine zunehmende Zahl von Festnahmen und Gewalt gegen politische Gegner und Aktivisten in der Türkei. Die Situation hat sich seit dem gescheiterten Putschversuch 2016 weiter verschärft, und viele prominente Oppositionelle wie Selahattin Demirtas und Osman Kavala sind nach wie vor in Haft.
Erosion der Freiheit unter Erdoğan
Die politische Landschaft in der Türkei hat sich unter der Herrschaft von Recep Tayyip Erdoğan, der seit 2002 ununterbrochen regiert, erheblich verändert. Erdoğan, der 2001 die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) gründete, hatte anfangs Fortschritte bei der Bekämpfung von Armut und Korruption versprochen. Doch seit 2011 sind die demokratischen Freiheiten im Land zunehmend beschnitten worden.
Die Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei wurde massiv eingeschränkt, mit schätzungsweise 95% der Medien unter direkter oder indirekter staatlicher Kontrolle, wie die Bundeszentrale für politische Bildung berichtet. Er Erdoğan hat durch Gesetze und Maßnahmen die Kontrolle über digitale Medien verstärkt, die seit der letzten Kommunalwahl 2019 noch rigoroser zensiert werden.
Die Frage bleibt, wie sich die politische Situation und die damit verbundenen Proteste auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen auswirken werden und inwieweit die internationale Gemeinschaft weiter auf die Entwicklungen in der Türkei reagieren wird.
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