Die kulturinteressierte Öffentlichkeit in Ravensburg durfte sich am Freitag auf ein außergewöhnliches Theatererlebnis freuen, als das Theater Ravensburg seine Inszenierung des Romans „Die Vermessung der Welt“ von Daniel Kehlmann zur Premiere brachte. Die Geschichte dreht sich um die legendären Figuren Alexander von Humboldt, den Naturforscher, und Carl Friedrich Gauß, den Mathematiker, umrahmt von einer Mischung aus faktischer und fiktionaler Realität. Diese Darbietung der Regie von Marco Ricciardo fesselte das Publikum in der vollen Halle.
Besonders hervorzuheben ist die Inszenierung, die mit einem ernsteren Ton gehalten ist, abgesehen von wenigen humorvollen Momenten, die jedoch die Charaktere an ihrer Basis ansprechen. Der Intendant Till Rickelt betont die Absicht, dem Publikum einen tiefgründigen Blick auf die Geschichte zu gewähren, in der Forschung und die Gedanken der Protagonisten im Vordergrund stehen. Doch Lacher bleiben nicht aus, wenn die Figuren ihre emotionalen Ausbrüche haben.
Ein Blick auf die Charaktere
Die Darstellung von Frederik Leberle als Humboldt und Martin König als Gauß bringt die emotionalen und intellektuellen Kämpfe der beiden Wissenschaftler eindrucksvoll zum Ausdruck. Leberle, als der unermüdliche Entdecker Humboldt, vermittelt die unstillbare Neugier des Naturforschers. König hingegen zeigt mit seiner Darstellung, dass Gauß in seinen mathematischen Kreationen gefangen ist, während er gleichzeitig versucht, sein Privatleben zu meistern, was ihm nicht immer gelingt.
Besonders spannend wird es, wenn Sebastian Prasse in seiner Doppelrolle als Eugen, der Sohn von Gauß, und dem Botaniker Aimé Bonpland auftritt, der Humboldt auf seinen Reisen begleitet. Diese facettenreiche Besetzung bringt zusätzlich Dynamik in das Stück, indem sie die verschiedenen Elemente von Forschung und persönlichem Lebenystems miteinander verknüpfen.
Bühnentechnik und Atmosphäre
Das Bühnenbild, kreiert von Werner Klaus, ist opulent und verstärkt den Eindruck der Expeditionen der beiden Männer. Ein cleverer Einsatz von Licht und Projektionstechnik, verantwortet von Dieter Sterk, sorgt dafür, dass sich die Bühne bei jedem Szenenwechsel verwandelt, vom Regenwald Südamerikas bis hin zum Gipfel des Berges Chimborazo in Ecuador. Diese visuelle Umsetzung leistet einen großen Beitrag zur Erzählung und lässt die Zuschauer beinahe in die Abenteuer eintauchen, die Humboldt und Bonpland erleben.
Die logistischen Herausforderungen der vielen Charaktere im Stück können gelegentlich verwirrend sein, was den Fluss der Darstellung leicht behindern kann. Dennoch ist es Teil der Inszenierung, dass die Zuschauer geduldig die verschiedenen Rollen und deren Entwicklungen verfolgen müssen, um das Gesamtbild der Wissenschaftler zu verstehen.
Ein wichtiges Treffen fand 1828 im Rahmen des Deutschen Naturforscherkongresses in Berlin statt, wo Humboldt und Gauß sich begegnen. Ihr Dialog spiegelt die Ambitionen und den Druck wider, mit dem sie kämpfen, während sie gleichzeitig dem Publikum die Frage stellen: Was haben sie finalement wirklich vermessen – die Welt, sich selbst oder war das gesamte Unternehmen am Ende übertrieben?
Das Stück erhält damit nicht nur eine historische Dimension, sondern auch Anknüpfungspunkte zur Gegenwart, was die fesselnde theatralische Erfahrung abrundet. Die nächste Aufführung wird am 24. und 25. Oktober sowie am 15. und 16. November stattfinden, wobei Interessierte mehr Informationen auf der Webseite des Theaters Ravensburg finden können, unter www.theater-ravensburg.de.
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