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Beirut im Drama: Bachmanns packende Inszenierung von ‚Die Wurzel aus Sein‘

Am 13. April 2025 feiert das Akademietheater die Premiere von „Die Wurzel aus Sein“, einem neuen Stück des libanesischen Dramatikers Wajdi Mouawad. Inszeniert von Stefan Bachmann, der für seine Werke in der Gegenwartsdramatik bekannt ist und früher am Burgtheater tätig war, wird dieses Stück bereits als besonders markant angesehen. Bachmann hat zuvor Mouawads „Verbrennungen“ vor 18 Jahren inszeniert, was eine spannende Fortsetzung seiner Beschäftigung mit dem Autor darstellt. „Die Wurzel aus Sein“ thematisiert die verheerende Explosion im Hafen von Beirut, die sich im August 2020 ereignete und weitreichende Auswirkungen auf die Stadt und deren Kultur hatte.

Die Explosion, die durch rund 3000 Tonnen Ammoniumnitrat verursacht wurde, forderte mehr als 200 Menschenleben, verletzte 6000 weitere und zerstörte in der Folge große Teile der Stadt. Über 9000 Gebäude wurden beschädigt, darunter zahlreiche historische und kulturelle Bauwerke. Das Nicolas-Ibrahim-Sursock-Museum, eine der ältesten kulturellen Institutionen Libanons, wurde stark in Mitleidenschaft gezogen und musste nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten, die fast drei Jahre in Anspruch nahmen und über drei Millionen US-Dollar kosteten, erst im Mai 2023 wiedereröffnet werden. Dies zeigt, wie sehr die Kultur Beiruts unter den Folgen der Explosion leidet.

Die Hauptfigur und das Stück

Im Mittelpunkt von „Die Wurzel aus Sein“ steht die komplexe Figur Talyani Waqar Malik, die in fünf verschiedenen Lebensvarianten dargestellt wird – unter anderem als Neurochirurgin in Rom und als Insasse einer texanischen Todeszelle. Die Inszenierung wird beschrieben als sprachmächtig, dialogstark und vielfältig in der Darbietung, hält die Spannung über dreieinhalb Stunden und zeigt die hohe Verwandlungsfähigkeit des Ensembles um Alexander Angeletta, das ohne technische Hilfsmittel arbeitet. Die Darsteller entwerfen auf einer leeren Bühne eine Vielzahl präziser Charaktere, was den Abend sowohl herausfordernd als auch erlebenswert macht, so die Kritiken.

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Die Vorstellung von Katastrophen hat sich in der zeitgenössischen Diskussion verändert. In der wissenschaftlichen Welt wird der Begriff „Katastrophe“ als obsolet betrachtet; stattdessen ist „Risiko“ in den Vordergrund gerückt, denn Risiken können berechnet und minimiert werden. Die doppelte Explosion im Hafen von Beirut wird als „realisiertes Risiko“ definiert, ein Ereignis, dessen Auswirkungen weiterhin das Leben und die Kultur in der Stadt prägen.

Die kulturpolitische Lage in Beirut

Die Explosion hat auch eine Welle kreativer Reaktionen hervorgerufen. Schriftsteller und Künstler sehen in der Kunst eine Möglichkeit, mit den erlittenen Traumata umzugehen und einen Weg zur Katharsis zu finden. Junge Künstler engagieren sich, indem sie Theaterstücke in Flüchtlingslagern aufführen, während die Kunstszene im Libanon unter dem Druck einer schweren Wirtschaftskrise und Korruption leidet. Der Exodus kultureller Akteure hat die Landschaft verändert; viele leben mittlerweile im Ausland, insbesondere in Europa. Trotz dieser Herausforderungen bleibt die Rolle der Kunst und Kultur im Libanon jedoch zentral und prägend.

Um dem kulturellen Gedächtnis des Landes Rechnung zu tragen, wird außerdem ein neues Kulturprojekt, das Beirut Museum of Art (BeMA), ins Leben gerufen, das in der Nähe des Nationalmuseums entstehen soll. Mit einer geplanten Sammlung von 2300 Werken moderner und zeitgenössischer Kunst wird das Museum ein wichtiger Ort der Begegnung und des kulturellen Austauschs sein. Der Grundstein wurde bereits gelegt, und die Fertigstellung ist für 2026 vorgesehen.

Das Kulturleben Beiruts, zwischen Verwundung und Aufbruch, spiegelt sich in der Inszenierung von „Die Wurzel aus Sein“ wider. Die Herausforderungen sind unübersehbar, doch die resiliente Kunstszene zeigt, dass sie trotz aller Widrigkeiten einen neuen Weg sucht und findet. Wie viele Kulturschaffende es formulieren: „Wir bleiben!“

Ort des Geschehens


Details zur Meldung
Was ist passiert?
Explosion
In welchen Regionen?
Beirut
Genauer Ort bekannt?
Beirut, Libanon
Gab es Verletzte?
6000 verletzte Personen
Beste Referenz
krone.at
Weitere Quellen
digitalcommons.bau.edu.lb

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