In Nordrhein-Westfalen wird die Bedeutung von Trinkhallen zunehmend anerkannt. Diese besonderen Treffpunkte, die das soziale Leben in den Nachbarschaften prägen, wurden 2020 zum immateriellen Kulturerbe erklärt. Das zuständige Ministerium für Kultur und Wissenschaft betrachtet sie als unerlässliche Orte für Integration und sozialen Austausch. Sie stehen für ein Stück Heimat, wo die Menschen zusammenkommen, um das Leben zu teilen.
Ein zentraler Ort für die Gemeinschaft in Oer-Erkenschwick
Die Ballerbude in Oer-Erkenschwick ist ein gelungenes Beispiel für diesen Trend. Seit über 30 Jahren fungiert der Kiosk als Herzstück des Wohngebiets. Unter der Leitung von Karabulut, die den Kiosk seit neun Jahren betreibt, öffnet dieser sieben Tage die Woche seine Türen für die Nachbarn. „Den Job hier musst du wirklich mit Liebe machen“, sagt Karabulut, und dieser Anspruch spiegelt sich in der Atmosphäre wider.
Kultureller Treffpunkt und soziales Zentrum
Für viele Stammkunden ist die Ballerbude mehr als nur ein Ort, um Getränke oder Snacks zu kaufen. „Hier ist es, als würde man ein Familienmitglied besuchen“, bemerkt Stammkunde Torsten und drückt damit das familiäre Gefühl aus, das hier herrscht. Drinnen finden sich auch Unterhaltungsmöglichkeiten wie Spielautomaten und eine Dartscheibe — ein beliebter Ort für Udo Tottmann, liebevoll „Teddy“ genannt. „Wenn ich zu Hause bin, dann bin ich allein. Hier habe ich Unterhaltung“, erzählt er und zeigt, wie essenziell die Ballerbude für seine Lebensqualität ist.
Wertschätzung zeigt sich in persönlichen Beziehungen
Karabulut ist stolz auf ihre über 40 Stammkunden, die oft feste Besuche im Wochenverlauf einplanen. Ihr Engagement für die Gemeinschaft zeigt sich in der Art, wie sie ihre Kunden behandelt. „Heute Morgen hat mich ein Stammkunde angerufen, dass er im Krankenhaus ist“, berichtet sie und illustriert damit die enge Bindung, die hier besteht. An der Wand des Kiosks hängen zahlreiche Fotos, die Erlebnisse und Momente vergangener Tage festhalten. Diese Wand wirkt fast wie ein Familienalbum und dokumentiert die Bedeutung, die die Ballerbude im Leben der Menschen hat.
Mehr als nur ein Kiosk
Abgesehen davon, dass die Ballerbude ein zuverlässiger Ort für Einkäufe ist, bietet sie auch einen Rückzugsort, wenn der Supermarkt geschlossen ist. „So eine Bude, das ist Kultur!“, kritzelt Lothar, ein weiterer Stammkunde, der oft an einem der beiden Holztische vor dem Kiosk Platz nimmt und in geselliger Runde ein kühles Bier genießt. Die Ballerbude ist ein wichtiger Bestandteil des sozialen Gefüges in Oer-Erkenschwick, ein Ort der Zusammenkunft und des Austausches.
Die Ballerbude verdeutlicht, wie Trinkhallen in der heutigen Zeit als kulturelle Bastionen fungieren. Sie bewahren nicht nur alte Traditionen, sondern fördern auch neugewonnene Freundschaften und das Gemeinschaftsgefühl in den Nachbarschaften.
Über die Ballerbude wurde auch am 16.08.2024 im WDR-Fernsehen berichtet: Lokalzeit aus Dortmund, 19.30 Uhr.
– NAG