In den letzten Jahren hat der Einzelhandel in Deutschland mit einer Vielzahl von Herausforderungen zu kämpfen, die größtenteils durch die COVID-19-Pandemie und begleitende Wirtschaftsnöte verstärkt wurden. Preissteigerungen, staatliche Lockdowns und Lieferengpässe sind nur einige der Faktoren, die die Branche belasten. Besonders betroffen sind die Frischetheken in Supermärkten, wo sich langsam ein drastischer Wandel abzeichnet.
Ein Beispiel bietet der Handelsriese Edeka, der laut Berichten darüber nachdenkt, seine Frischetheken zu restrukturieren. Der Mangel an qualifiziertem Personal, insbesondere Fleischereifachverkäufern, zwingt das Unternehmen zu Überlegungen, wie man mit weniger Mitarbeitern im Bereich der Frischewirtschaft auskommen kann. Eine mögliche Lösung könnte das Konzept der „flexiblen Theke“ sein. Hierbei hätten Kunden die Möglichkeit, sich zu bestimmten Zeiten selbst zu bedienen. Dies könnte die Möglichkeit bieten, an weniger frequentierten Zeitpunkten auf vorverpackte Waren zurückzugreifen.
Fachkräftemangel im Lebensmittelhandel
Die Situation ist jedoch nicht exklusiv für Edeka. Der gesamte Einzelhandel steht vor einem ähnlichen Dilemma. Der Fachkräftemangel in der Branche ist alarmierend, wie im „Jahrbuch 2023“ des Deutschen Fleischer-Verband e. V. zu entnehmen ist. Zum Beispiel ist die Zahl der Ausbildungsverhältnisse für Fleischereifachverkäufer von 2.629 im Jahr 2021 auf 2.227 im Jahr 2022 gesunken. Ein dramatischer Rückgang, der aufzeigt, dass die Attraktivität dieser Berufe in der Öffentlichkeit abnimmt.
Edeka und vergleichbare Unternehmen stehen in direkter Konkurrenz zu lokalen Metzgereien, wo die Kunden oft auch die Qualität und persönliche Beratung schätzen. Der Geschäftsführer von Edeka Südwest, Rainer Huber, hat bereits darauf hingewiesen, dass er in der kommenden Zeit mit einem Rückgang der verfügbaren Arbeitsstunden um etwa 20 Prozent rechnet. Der Rekrutierungsdruck im Lebensmittelhandel nimmt damit weiter zu.
Verändertes Kaufverhalten der Kunden
Ein weiterer Aspekt, der die Frischetheken beeinflusst, ist das veränderte Kaufverhalten der Verbraucher. Es wird zunehmend beobachtet, dass Kunden in der heutigen Zeit ihr Geld zusammenhalten, was sich negativ auf die Umsätze an den Frischetheken auswirkt. Die jüngere Generation hat zudem ein anderes Konsumverhalten entwickelt, das stark auf Schnelligkeit und Bequemlichkeit ausgelegt ist. Diese Faktoren führen dazu, dass die traditionsreichen Frischetheken, wo Qualität und Frische eine Rolle spielen, ins Hintertreffen geraten.
Eine Analyse der Verkaufszahlen zeigt diesen Trend deutlich: Der Umsatz im Lebensmittel-einzelhandel ist im April 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 3,7 Prozent gesunken. Solche Daten lassen ahnen, welch tiefgreifende Veränderungen im Einzelhandel stattfinden und welche Strategien nötig sind, um zukunftsfähig zu bleiben.
Dennoch konnte Edeka im letzten Jahr eine positive Umsatzentwicklung verzeichnen. Mit einem Gesamtumsatz von 39,3 Milliarden Euro konnte das Unternehmen trotz der Herausforderungen in der Branche ein Plus von 7,7 Prozent erzielen. Dies wurde maßgeblich durch intensive Verhandlungen mit Lieferanten erreicht, die große Preissteigerungen abwenden konnten.
Ob Edeka und andere Einzelhändler tatsächlich ihre Frischetheken so umstrukturieren werden, dass Kunden bald selbst bedienen dürfen, bleibt abzuwarten. Eines steht jedoch fest: Die Entwicklungen im Kaufverhalten und die Probleme bei der Personalrekrutierung zwingen die Branche dazu, kreativere Konzepte zu erarbeiten, um den Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden und gleichzeitig den Herausforderungen des Marktes zu begegnen.
– NAG