Wissenschaftler haben eine überraschende Entdeckung gemacht: Mikroben wie Bakterien und Pilze können durch die Luft bis zu 2000 Kilometer weit transportiert werden. Diese winzigen Lebewesen nutzen winzige Partikel, an denen sie haften, um sich durch die Atmosphäre zu bewegen. Die Konsequenzen dieser Fähigkeit sind erheblich, insbesondere in Bezug auf die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen, wie aus einer neuen Studie hervorgeht.
Die Forscher des Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal) und der Universitat Politècnica de Catalunya haben zehn Flüge in der Troposphäre durchgeführt, um die mikrobielle Vielfalt in großen Höhen zu untersuchen. Dies geschah während spezieller Wetterbedingungen, die es ermöglichten, dass Luftmassen aus dem Nordosten Chinas bis nach Japan transportiert wurden. „Unsere Studie ist insofern einzigartig, als wir Höhenräume untersucht haben, in denen die meisten anderen Studien noch nicht geforscht hatten“, betonte Xavier Rodó von ISGlobal.
Finden von potenziellen Krankheitserregern
Bei ihrer Analyse entdeckten die Wissenschaftler eine beeindruckende Anzahl mikrobieller Arten: Insgesamt wurden 305 verschiedene Bakteriengattungen und 266 Gattungen von Mikropilzen gefunden. Diese Mikroben könnten Gene besitzen, die ihnen eine Resistenz gegenüber Antibiotika verleihen. Tragischerweise stellen etwa 35 Prozent der gefundenen Bakterienarten und 39 Prozent der Pilzarten für Menschen ein Gesundheitsrisiko dar, insbesondere für Menschen mit einem geschwächten Immunsystem.
Ein Beispiel ist das Bakterium Escherichia coli, das normalerweise harmlos ist, jedoch bei geschwächten Organismen zu ernsthaften Erkrankungen führen kann. Darüber hinaus wurden zwei Stämme von Bacillus cereus identifiziert, die Lebensmittelvergiftungen und Magen-Darm-Entzündungen verursachen können. Alarmierend ist, dass diese Stämme hochresistent gegen gängige Antibiotika wie Penicillin und Ampicillin sind. In den Laborversuchen zeigte sich, dass auch andere Bakterienarten wie Micrococcus luteus ungewollte Resistenzen entwickelt haben, was neuere Erkenntnisse über deren Widerstandsfähigkeit in Frage stellt.
„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass sich antimikrobielle Resistenzen über die Luft weit verbreiten könnten, was ein neues Verständnis der Verbreitung solcher Resistenzen erfordert“, erklärte die Co-Erstautorin der Studie, Sofya Pozdniakova. Es ist besorgniserregend, dass das Potenzial für Krankheiten, die durch diese Mikroben verursacht werden, durch den Transport über große Distanzen erhöht wird.
Der Schutz der Mikroben in der Luft
Bislang hatten Forscher angenommen, dass die hohen Strahlungslevel in großen Höhen die Lebensfähigkeit der Mikroben negativ beeinflussen würden. Die aktuelle Untersuchung zeigt jedoch, dass diese Mikroben in der Lage sind, sich mit Hilfe von Biofilmen, die aus extrazellulären polymeren Substanzen bestehen, gegen schädliche Einflüsse wie UV-Strahlung und Austrocknung zu schützen. Diese Biofilme fungieren als eine Art schützende Schicht. Diese Erkenntnis bringt die Rolle von Mikroben in der Atmosphäre in einem neuen Licht und verdeutlicht, wie anpassungsfähig und widerstandsfähig sie sind.
Obwohl durch diese Studie nicht bewiesen wurde, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen den in der Studie identifizierten Krankheitserregern und gesundheitlichen Auswirkungen gibt, wird sie als wichtiger Schritt in die Richtung weiterer Forschungen gesehen. Wissenschaftler beabsichtigen, die Risiken besser zu verstehen, die mit der Verbreitung von Mikroben in der Atmosphäre verbunden sind, um ein besseres Bild über deren potenzielle Bedrohungen für die menschliche Gesundheit zu gewinnen.
Diese Forschung ist von großer Bedeutung, da sie nicht nur die Fähigkeit von Mikroben beleuchtet, in der Atmosphäre zu überdauern, sondern auch die Herausforderungen, die mit der wachsenden Bedrohung durch Antibiotikaresistenzen einhergehen. Der vollständige Bericht dieser bahnbrechenden Studie kann in den „Proceedings of the National Academy of Sciences“ nachgelesen werden und bietet weitere Einblicke in die Komplexität der mikrobiellen Verbreitung und ihre Folgen.
dpa/wb